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Die Geschichten die du einst über das Reich Valeria hörtest gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Es wurde bei einem Vulkanausbruch zerstört und nun befindest du dich auf einer unerbittlichen Reise auf der Suche nach einer neuen Heimat. Viele werden diesen Marsch nicht überleben, manche werden sich von dem König abwenden doch wieder andere tragen den unzerstörbaren Keim der Hoffnung in ihren Herzen. Gehörst auch du zu jenen Geschöpfen? Oder schlägt die Dunkelheit bereits Wurzeln in deiner Seele?
Das Pass Into Oblivion ist ein textbasiertes Rollenspiel in welchem du in die Rolle eines Pferdes schlüpfst. Dazu kommt, dass du deinen Charakter mit der Hilfe unseres kreativen Teams selbst gestalten kannst, denn auf Wünsche gehen wir natürlich sehr gerne ein! Schau dafür gerne einmal auf unserem Discord-Server vorbei!
NEUIGKEITEN
Alle aktuellen Neuigkeiten findet ihr hier.

29.05.2024 - Plot: I. Auf alte Zeiten
28.03.2024 - Frohe Ostern!
22.12.2023 - Frohe Weihnachten!
01.10.2023 - Der neue Zeitraum [...]
29.09.2023 - Die ersten Quests
29.09.2023 - Die neue Umgebung
26.09.2023 - Zwischen I. Sterbende Welt und [...]
22.09.2023 - Abschluss des Kapitels I. Sterbende Welt
DIE HELFENDEN HÄNDE


ROLLENSPIELINFORMATIONEN
Der Tod der Königin wurde offiziell bekannt gegeben und die Suche nach ihr eingestellt. Der Inplayzeitraum beläuft sich vom Sommer bis Herbst. Das Wetter ist im Spätsommer warm und die Temperaturen liegen zwischen 25°C bei Nacht und 35°C bei Tag. Der Wald bietet der Herde Schutz vor übermäßiger Hitze und der See wird kontinuierlich aus dem Gebirgsfluss gespeist.

Im Herbst ist das Wetter wechselhaft und stürmisch. Die Steilküste wird zu einem ungemütlichen und auch gefährlichen Ort. Temperaturen zwischen 15°C und 25°C schlagen sich immer wieder mit Herbstgewittern nieder.

Stand: 28.03.2024

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I. Auf alte Zeiten
15. Herbst 83, nachmittags | Lichtung im Wald | Schicksalsschlag, Nero Valerius, Penthesilea Achilléas, Anchor Aegidius, Spartacus Licinius, Ceres Acillius, Ezrael Achilléas, Sayyirah, Vesta Acillius, Desmond Aegidius, Aaron Miles, Nyke Astoria, Tuana Licinius, Karthago Dracas, Ares Licinius, Nova Odyssey, Rhíon, Artemis Miles, Álvaro, Kachina, Fawna Miles, Gaia Acillius, Lyrae, Hestia Dracas, , , Damhnait, Acalo Aegidius, Lucian Astoria, Cyan
#11
Vielleicht war es gut, dass Vesta sich in manchen Momenten nicht ganz im sicher war, ob es ihre Großmutter oder Ceres selbst war, die sie mehr fürchtete. Ob ihre jüngere Schwester die Gedankenverlorenheit der dunkelbraunen Stute bemerkte und sie deshalb mit einem gezielten Stupsen wieder zur Räson brachte, wusste wohl nur die flammfarbene selbst. Vesta lächelte entschuldigend, den Blick für einen Wimpernaufschlag gesenkt, eine beschwichtigende und doch elegante Geste, ihrer Schwester nun ihre Aufmerksamkeit bedeutend. Ceres' Wunsch entgegenkommend richtete sie sich also wieder mehr auf, neigte das Haupt gerade und ließ die lockere Hülle hinter einer Maske aus Anmut und Stoizismus. Vielleicht hatte sie der Anblick des dunklen Königs inspiriert. Tatsächlich hatte ihr Blick nicht verloren in der Menge eine Wanderschaft unternommen, sondern war jeder Bewegung des Rappen gefolgt. Zugegeben hatte sie es bislang gemieden, Nero zu sehr in ihre Gedanken zu lassen. Jetzt, da sie aber alle hier versammelt waren, war es doch die Neugierde gewesen, die ihre Augen zu ihm lenkte. Und war das eben nicht auch ein Blick in ihre Richtung gewesen? Hätte sie verstohlen und ertappt ihren Blick abwenden sollen? Vielleicht in Richtung ihrer Schwester kichern und kokettieren sollen? Vielleicht. Das aber war nicht Vesta. Schon immer war es die Aura eines flachen, wellenlosen Sees, der sie umhüllte. Wellen und Tosen? Sie lächelte mild und blickte Ceres an. 
"Du bist mal wieder so streng mit mir, Schwester." Erneut beschwichtigend. "Und doch hast du - mal wieder - Recht. Verzeih." Wenn Vesta sprach, dann sang die Liebe in ihrer Stimme so offenkundig, dass niemand sie anzuzweifeln versuchte und so melodisch, dass nicht eine Seele sie zu unterbrechen wagte. 

In der Tat trugen Ceres Worte erneut nichts als die Wahrheit. Neptun leuchtete. Wie konnte ihr bei dem Anblick nicht das Herz schneller schlagen, die Augen größer und klarer werden und das Lächeln wärmer an den Mundwinkeln zupfen? "Vielleicht wird man mir meine Schalheit heute verzeihen, wenn man sieht wie hell dafür meine Geschwister strahlen." Es war immer wieder verblüffend für die dunkle wie sehr sich die jüngere Acillius unter Wert verscherbelte. Ehrlicherweise war es ihr ohnehin ein Rätsel, warum es ausgerechnet sie selbst war, die man an ihn, an Nero Valerius höchstpersönlich, verheiraten wollte. Sie war die ältere, nun gut. Wie aber konnte man den Kosmos so hintergehen und sie der schönen Füchsin vorziehen? In ihren Augen hätte es Ceres sein müssen. Alles sprach für Ceres. Vor allem diese Stimme in ihr, die sich ihre Schwester an die Seite des Königs wünschte, nicht nur weil, weil sie wusste, wie viel es Ceres selbst bedeutete, sondern auch wie viel es Vesta wert war, sich nicht in dieser Verpflichtung zu sehen. 
Der Impuls die Lippen schmerzvoll zu verziehen stach in ihrer Brust. Doch sie hielt stand. "Ich freue mich für Neptun. Sie ist ein so sanftes Geschöpf." 


Ceres Acillius

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#12
Eine neue Ära. Penthesilea wusste nicht ob sie bereit für diese neue Ära war und ob sie Teil dieser neuen Ära sein wollte. Im Grunde sollte sie sich glücklich schätzen. Die Familie Acillius war eine der angesehensten unter dem Adel, sie hatten einen tadellosen Ruf - anders als die Miles zum Beispiel - und waren ähnlich erhaben wie es die Königsfamilie selbst war. Eine perfekte Partie. Neptun war eine perfekte Partie. Und er ließ auch keinen zweifel daran, dass er sie gut behandeln würde, wieso also sollte sie sich nicht auf dieses aufregende Abenteuer einlassen? War es die Furcht vor diesem unsäglichen Übergang von Kind zum Erwachsenen, vom Mädchen zur Frau? Wieso fühlte es sich dennoch wie eine... verpasste Chance an? 
Das bittere Schnauben des Aegidius fokussierte die Gedanken der jungen Dame und sie wagte ein leises Lächeln ob der Reaktion. Einerseits hoffte sie, dass er ihre Blicke nicht falsch gedeutet hatte, auf der anderen.. wer wenn nicht Anchor würde ihre weit verzweigten Gefühle verstehen können? Macht es sie zu Gleichgestellten? Nein. Er hatte die Chance auf sein Glück verloren, Kýra war fort, seine Kinder waren fort. Vor ihm befand sich eine unendlich weite Leere, während sie ihr Glück nur ergreifen musste, oder? Penthesilea würde sich nie anmaßen, ihre Situationen zu vergleichen. Nie. 

Kurz bemerkte sie den Blick ihres Onkels und lächelte. Natürlich war er umgarnt von den Damen. Auch er zählte zu den begehrtesten Junggesellen.

Seine offene Art überraschte die junge Stute, doch sie ließ sich auch nichts anmerken, nickte schwach. "Es ist auch keine Schande, wenn es nie wieder gehen wird.", antwortete sie mit gedämpfter Stimme, das Gefühl habend, dass diese Situation seltsam intim war. Das die Worte die sie wechselten nicht für jedermanns oder jederfraus Ohren  gedacht sei. "Ebenso wenig ist es eine, sollte es doch irgendwann passieren.", ein sanfter, unaufdringlicher Ausdruck legte sich in die blauen Iriden der Achilléas und in diesem Moment fühlte sie sich nicht mehr wie das Kind. Wie das naive Mäuschen. Und vielleicht sprach sie auch mit einem Wissen, welches weit jenseits ihrer Jahre lag. Sie wollte ihn nicht trösten. Sie wollte ihn nicht bekehren. Er sollte sein Leben leben. Vielleicht würde er sich eines Tages wieder verlieben, wenn sein Herz bereit dafür war und seine Seele - die sich so seltsam verwandt anfühlte - die Splitter sorgsam aufgesammelt hatte, die ihr entrissen wurden. Kýra würde immer ein Teil von ihm sein und bleiben. Dieser Verantwortung würde sich die nächste Frau die in sein Leben treten wollte, stellen müssen. 

Das Kichern hinter ihm wurde lauter, Penthesilea hielt krampfhaft den Blick auf den Lohfarbenen fest um den Damen keine Beachtung zu schenken. Er wollte mit ihr den Ball eröffnen? Ein entzücktes Lächeln zupfte an den dunklen Lippen der jungen Stute. Kurz wandte sie sich an ihren zukünftigen Gemahl, informierte ihn über diese Anfrage und er strahlte die beiden über beide Ohren an. "Es wäre mir eine Ehre, wenn mein Ausbilder den Ball mit meiner zukünftigen Braut eröffnen würde.", erklärte er und ignorierte den strafenden Blick seiner Großmutter geflissentlich. Braut. Das Wort klang so falsch und zugleich so richtig aus dem Mund des jungen Schimmels. 

"Nun Anchor...", begann Penthesilea als sie zusammen mit ihm auf die Mitte der Lichtung trat. "Ich hoffe Ihr wisst, dass ich nur eine sehr schlechte Gesellschaft für den Abend bin, wenn es darum geht die Damen fern zu halten.", jetzt war es doch ein mädchenhafter Ausdruck der auf ihrem Gesicht erschien, ehe sie sich vor einander verneigten und den keuschen Tanz begannen, den sittsamsten den Penthesilea kannte. Dabei sprach sie nicht nur von dem Umstand, dass sie verlobt war, sondern weil sie schlicht sehr jung war. Wahrscheinlich wäre es zumindest ein Gerücht wert, wenn sie mit dem Ausbilder tanzen würde, wenn sie nicht verlobt wäre. "Wieso seid Ihr hier?", sprach sie neugierig aber auch unaufdringlich, bemerkte kurz das ein weiterer Junggeselle die Lichtung betrat. Desmond. Auch er war ein begehrter Junggeselle. Aaron dürfte auch heute kommen. 
Vermutlich hätte Lea den Lohfarbenen am See vermutet. Ähnlich wie Atlas der sich freiwillig für die Schicht dort eingeteilt hatte. "Gesellschaftliche Verpflichtung?", fügte sie noch hinzu. Anchor war letztlich ein Aegidius, der älteste der noch lebte - neben Gaia, die jedoch den Namen ablegte - und damit vermutlich das Familienoberhaupt. Atlas hingegen war der Bastard des Königs, hatte keine Stellung, keine... Bedeutung. Wenngleich er vor ihren Augen nicht schlechter war als all die anderen unter denen sie sich bewegte. 

Anchor

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#13
Ceres schnaubte pikiert. Streng! Natürlich war sie streng! Vesta hatte alles, was sie brauchte, um sowohl Volk als auch Adel von sich zu begeistern. Den Klerus hatte sie schließlich schon überzeugt. Sie würde die zukünftige Königin werden. Das war keine passive Rolle, in die man sich einfach hineinfallen ließ. Es erforderte Arbeit, Disziplin und Verantwortung. Vesta konnte ihre Tage nicht länger damit verbringen, in die Luft zu starren und zu träumen. Sie musste anfangen, zu reflektieren und an sich selbst zu arbeiten. Manchmal hatte Ceres das Gefühl, dass sie die ältere von ihnen beiden war, schlicht und ergreifend, weil sie Dinge zu verstehen schien, die für ihre Schwester unbegreiflich waren.

"Vielleicht wird man mir meine Schalheit heute verzeihen, wenn man sieht, wie hell dafür meine Geschwister strahlen." 
Andere hätten sich über einen solchen Kommentar vielleicht gefreut, aber Ceres wusste, dass Vesta bloß Mitleid mit ihr hatte. Jeder konnte sehen, dass sie nicht an Vestas schlanke, edle Gestalt heranreichte und Neptun hatte die helle Fellfärbung der Miles geerbt, eine Eigenschaft, so begehrt und selten, dass sie ihm selbst in seinen jungen Jahren bereits eine gute Partie beschert hatte. Ceres ließ den Kommentar ziehen, beschwerte sich nicht und versuchte, ihr Antlitz ruhig zu halten. Sie wollte ihrer Schwester nicht die Genugtuung geben zu sehen, wie sehr ihre Worte sie verunsicherten.
"Sie ist wahrhaftig eine Augenweide", gab sie zu und nickte zufrieden. Ihre Kinder würden wunderschön sein, ihre Familie auf dieselbe Art erheben, wie es die Verbindung mit dem Königshaus tun würde. "Noch ein wenig steif, aber das wird sich bald legen. Unser Bruder hat eine gute Erziehung genossen. Er wird wissen, wie er mit ihr umzugehen hat." Sie nickte, beinahe um sich selbst zuzusprechen. In Wirklichkeit hielt sie ihren Bruder für einen Tölpel. Er dachte nicht über seine Aktionen nach, war zwar freundlich, aber ihres Erachtens zu freundlich, ließ anderen zu viele Dinge durchgehen und schien immer zu glauben, dass man nur das Beste für ihn im Sinn hatte. Er war naiv. Und sie konnte nur Gott anbeten, dass Penthesilea nicht ebenso naiv war wie er.

"Wann glaubst du, werden wir frohe Kunde zu verzeichnen-"
Sie unterbrach sich mit einem entsetzten Einziehen der Luft, als Anchor Aegidius das Haupt vor Penthesilea Achilléas neigte und sie zum Tanz aufforderte. Und diese sogar annahm. Empört sah Ceres zu ihrer Großmutter, die ebenso unerfreut aussah, wie sie. Aber Neptun, bei Gott, Neptun freute sich auch noch! Er grinste wie ein junges Fohlen, dem man gerade einen Apfel geschenkt hatte. 
"Das kann nicht sein Ernst sein", zischte sie, aber sowohl der Ausbilder, als auch ihr Bruder—so wie ihre baldige Schwägerin—schienen dieser Situation nichts Schreckliches abgewinnen zu können. Derweil fragte Ceres sich, wieso das Oberhaupt der Aegidius Familie nicht sie gefragt hatte. Sie verblasste also nicht nur neben ihrem Bruder, ihrer Schwester und ihrer Großmutter, nein, nun war es auch Penthesilea, die sie in den Schatten stellte.
"Ich sollte ihnen folgen. Sie aufhalten, bevor sie sich zum Gespött aller macht! Mein Bruder scheint schließlich kein Interesse daran zu hegen, ihre Ehre aufrechtzuerhalten."


 

Vesta

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#14
Desmond hätte vermutet, dass sein Entschluss ins wanken geraten würde. Das er sich in alte Muster flüchtete und einfach nur nachsah, welcher "Rock" ihm wohl am ehesten stehen würde. Bei welchem es sich das nachjagen lohnen würde, doch zu seiner eigenen Ernüchterung betrachtete er die Damen nicht so. Ihre hübschen Gesichter interessierten ihn nicht, ihre Lächeln, das leichte kokettieren. Es gab ihm nichts. So wenig wie es wahrscheinlich Anchor geben würde, den er gerade zufällig mit Penthesilea auf der Tanzfläche sah. Kurzes Erstaunen zuckte über seine ernsten Gesichtszüge, dann wandte er sich mit einem irritierten Blinzeln ab. Ließ sich von dem Treiben mitreißen. 

Kurz erhaschte der Aegidius einen Blick auf Lucius Astoria. Seit dem der Braune ihn damals in der Kiesgrube festgehalten hatte, zusammen mit einem der anderen Wächter, hatten sie kaum mehr ein Wort miteinander gewechselt. Manchmal hatte Desmond das Gefühl, dass der Astoria ein schlechtes Gewissen hatte - oder ihm es schlicht egal war. Sie zeigten kein Interesse mehr aneinander, trainierten nebeneinander her und nur das nötigste Wort wurde miteinander gewechselt. Manchmal hatte sich Desmond sogar gefragt, ob der Astoria selbst mit Gavríil unter einer Decke gesteckt hatte. Doch dieser Vermutung war er nie nachgegangen, wagte sich auch nicht eben diese zu äußern. Und aktuell war es auch egal, dieser Abend war zu friedvoll um sich mit derlei Gedanken zu quälen. 

So wandte der junge Schimmel den Blick wieder ab, just in dem Moment, da sich ihre Blicke trafen. Wieder dieser Ausdruck. "Mister Aegidius.. ich würde Ihnen gerne meine Tochter vorstellen.", Mister. Desmond fühlte sich nicht wie ein Mister, doch er wandte sich mit einem freundlichen Lächeln um, blickte in die Augen von Liara's Mutter. Das Mädchen stand verschämt neben ihrer Mutter und es war ihr Glück, dass Desmond um ihre Zuneigung zu Aurus Lux wusste. Nach einem kurzen Geplänkel rief er den schweren Leibwächter wie zufällig erwählt zu sich. "Aurus.. Kennt Ihr schon Liara und ihre Mutter?", und verwickelte die drei in ein Gespräch, merkend, wie das Mädchen auftaute und Aurus - endlich - auch. Sie war jung, ja. Aber bei Gott, war einem deswegen die Liebe versagt? 

In einem geeigneten Moment löste sich Desmond aus der Konstellation und schob sich weiter durch die Menge. Suchend, wenngleich er nicht wusste, was oder wen er suchte.

Nyke

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#15
Vesta musste nun stark, so stark sein, um nicht das bereits auf ihren Zügen lauernde Lächeln in ein breites Strahlen auslaufen zu lassen. Noch stärker, Vesta. Das war nicht genug. Es zupfte zu sehr an ihren Winkeln, erreichte viel zu schnell ihre Augen, erhaschte die Aufmerksamkeit einiger der am Rande verweilenden Damen und Herren und hielt sich erst dann im Zaum, als ihre Mutter sie strafend ansah. Auch das geziemte sich nicht. Sie hätte nicht glückbeseelt dem nun davon schreitenden Anchor nachsehen sollen, wie er die junge Braut ihres eigenen Bruders geradezu entführte. Wie aber konnte sie sich nicht an diesem Anblick ergötzen? Und dann war da auch noch die auflodernde Flamme neben ihr. Es war zu knapp gewesen, die Grenze vor einem heiteren Auflachen war nur durch ihre starr gewordene Familie geschlossen worden. 
Hatte Nero sie erblickt? Hatte er ihr ungehobeltes Verhalten gesehen? Ein rascher, geübter Blick durch die Menge verriet ihr zwar, dass sie nicht gerade negatives Aufsehen erregt hatte. Einige der Damen nickten ihr zu, hier und da ein charmantes Lächeln bekannter Hengste. Neros Reaktion konnte sie nicht ausmachen. Sie wollte ihn aber schlichtweg nicht über eine solche Kleinigkeit echauffiert wissen. Ob aus Selbstschutz oder aus ihrer hohen Meinung ihm gegenüber heraus geboren, würde sie zunächst offen lassen. 

"Verehrte Schwester," sie neigte ihr Haupt sanft vor die Füchsin. "Lass uns dieser Schmach nicht erliegen." Man sollte von ihr halten was man wollte. Vesta aber war keineswegs nur ein dümmliches Kind. Sicher, an Politik und den Machenschaften am Hofe hielt sie nichts, doch aber ruhte ein durchaus kluges Köpfchen auf ihren Schultern und sie wäre eine Närrin, ihrer Schwester in dieser Angelegenheit zu widersprechen. Wohl aber wäre es noch närrischer, sie in ihrer Rage ziehen zu lassen. Nicht, dass sie selbst sich in ihrem Eifer zum besagten Gespött machen würde. 
 "Was stelle ich nur mit dir an," seufzte sie betroffen. "Du bist selbst mit dir zu streng. Ich mache mir noch Sorgen um dein dünnes Nervenkleid." So blind. Sich ihres eigenen Wertes nicht bewusst. Vielleicht die einzige Schwäche ihrer schönen Schwester. Das und die arbiträre Tatsache, dass sie das Licht der Welt ein paar unbedeutende Jahre später als Vesta erblickt hatte. Welch Ironie, dass sie sich nur zu oft wie die jüngere der beiden fühlte. 

Oh, am liebsten würde sie sich hier fortstehlen. Sie standen wie die Hennen auf der Stange und wenn Vesta sich ihrer Aufgabe hier auch bewusst war, so ertrug sie es nicht. Lediglich das Verdrängen ihrer eigenen Zukunft und aller Verantwortungen, die damit einhergingen, ließ sie hier noch gerade stehen und die Luft stetig durch die enge, wange Brust ziehen. 
Heimlich zwinkerte sie ihrem Bruder zu, lächelte verheißend und hoffte, er würde Mut finden, sich sein authentisches Strahlen nicht nehmen zu lassen. Sie hoffte, er könnte freier sein als sie es war. 
"Oh?" Ihr Blick schweifte ab. "Ist das nicht Desmond Aegidius?" Sie wusste nicht zu viel über den hellen Soldaten. Natürlich, Haus und Rang und Abstammung und sämtliche einschneidenden Ereignisse. Ihre Familie hatte dafür gesagt, dass sie diese höchst wichtigen Dinge niemals vergessen würde - über keinen der Mitglieder der Adelsfamilien. Wer er aber als Person war, war Vesta bislang verwehrt geblieben. Zugegeben hatte er sie schon immer neugierig gemacht. Seine Art war frisch und unabhängig und seine autarke Lebensweise ließ sie blass werden vor Neid. In einem anderen Leben wäre sie vielleicht lieber Desmond Aegidus gewesen. 
"Ob er wohl auch nach einer Braut sucht?" Unverfroren. "Vielleicht sollten sich deine Augen weniger auf besagte Suchen begeben, Enkelin."
Sie senkte den Blick, nicht aber das schöne Haupt. "Gewiss. Verzeiht, Großmutter." Die Amsel im Käfig und der Phoenix strahlend hell neben ihr. Vielleicht würde sie später einen ruhigen Moment finden, sich ihren tristen Gedanken gebührend hinzugeben. 

Ceres

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#16
Es war ihm ein Rätsel, wie es gerade Ezrael sein konnte, der mit ihr verwandt war. Sie sagte genau das, was niemand sonst zu realisieren schien, verstand, was er nicht in Worte fassen konnte und brachte es so einfach hervor, als hätte es die ganze Zeit klar vor ihnen gelegen. Ihr Begehren stand in keinem Verhältnis zu dem Heiler, der stets zu laut war und unbedacht Dinge tat, für die Anchor ihn am liebsten gerichtet hätte. Doch das tat nichts zur Sache. Er hätte gar nicht erst durch Ezrael auf ihren Charakter schließen sollen.
Sie begaben sich in die Mitte der Lichtung und die Welt um sie herum verstummte. Penthesilea schmiegte sich nicht an ihn, führte mit ungewollter Nähe nicht dazu, dass sich eine Gänsehaut auf seinem Körper ausbreitete, die ihn unkontrolliert zittern ließ. Stattdessen wahrte sie Abstand, blieb jedoch nah genug, um sich angenehm mit ihm unterhalten zu können. Es war ein Tanz, den ein Vater mit seiner Tochter hätte führen können und Anchor war dankbar darum.

Als er das Haupt neigte, um den Tanz zu beginnen, glaubte er zunächst, dass es ein steifer Tanz werden und er allen zusehenden Damen verdeutlichen würde, warum ein mit ihm verbrachter Abend absolut unbegehrenswert war. Stattdessen fanden sie augenblicklich zu einem angenehmen Takt, der sie in Harmonie über die Lichtung führte und sowohl ihn als auch sie anmutig erscheinen ließ. Er war nie der beste Tänzer gewesen, hatte sich bei gewissen Veranstaltungen dazu nötigen lassen, die gesellschaftlichen Gepflogenheiten durchzustehen, aber er hatte stets darauf achten müssen, nicht zu stolpern. Doch heute wusste Anchor, ohne hinzusehen, welche Bewegung Penthesilea als Nächstes ausführen würde. Er musste sich nicht konzentrieren, konnte seine Aufmerksamkeit ganz dem Gespräch widmen. Einem Gespräch, welches ihn überraschenderweise schmunzeln ließ.
"Keine Sorge", sprach er ihr im Vertrauen zu. "Mein Plan beinhaltet mehrere Schritte und mein nächstes Vorhaben ist es, Nero die Ehre zu erweisen." 

Wann hatte er das letzte Mal gelacht? Er konnte diese Frage nicht beantworten, konnte sich nicht einmal erinnern, aber jetzt, wo er im Geheimen mit ihr über belanglose Dinge sprach, spürte er eine Leichtigkeit in seiner Brust, die ihm die letzten Monate gefehlt hatte. 
Aus dem Augenwinkel bemerkte Anchor das Auftauchen seines Cousins, aber er ignorierte es geflissentlich. Die Bande zu seiner Familie waren nicht direkt gekappt, aber Anchor wusste, dass er den Graben zwischen ihnen mit jedem Tag des Schweigens vergrößerte. Und eines Tages würde er ihn nicht mehr überbrücken können, selbst wenn er es wollte. 
"Ich bevorzuge es, die Gesellschaft zu überwachen, anstatt die Grenzen unseres Gebietes. Die Optionen waren der See oder die Lichtung." 
Und der See war nicht wirklich eine Option gewesen. Er hätte es bevorzugt bei Garrus zu bleiben, über ihn zu wachen und in Ruhe mit ihm durch das Tal zu schweifen, während andere hier ihr Glück suchten, aber die Wahrheit war, dass der junge Prinz die Gesellschaft von Gleichaltrigen gut gebrauchen konnte und Anchor das Lachen der kindlichen Stimmen nicht ertrug. Er konnte es nicht und so gab es nur diese eine Möglichkeit, sich nützlich zu machen.

Sie fächerten in einer komplizierten Drehung aus, die den schlanken Hals und langen Schweif Penthesileas zur Geltung brachte. Überraschenderweise ging diese Figur nicht schief. 
"Und Ihr?" Es war eine gewagte Frage. Anchor hätte sie unter anderen Umständen nie gestellt, war es ein unausgesprochenes Geheimnis, dass die Familie stets Druck auf junge Damen ausübte und ihnen selten freie Wahl bei der Eheschließung ließ. Und dennoch interessierte ihn die Antwort. 
"Sind es gesellschaftliche Verpflichtungen?" Sein Blick zuckte zu Asariel Achilléas. Sie war in einer ähnlichen Situation wie er und doch erstrahlte sie, erfreute sich an einem Glück, welches nicht ihr eigenes war. Einem Glück, welches eigentlich nicht existierte.
"Oder familiäre?"

Penthesilea

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#17
Bei dem Anblick der hier versammelten Gestalten konnte Aaron sehr wohl verstehen, weshalb frühere Generationen der Miles Onkel, Tanten oder Cousinen geehelicht hatten. Es kam schlicht und ergreifend nichts an sie heran. Stümperhafte Bewegungen, verfilzte Mähnen und Fellfärbungen, die man sich beim besten Willen nicht in der Blutlinie wünschte, schienen mittlerweile Alltag zu sein. Er fühlte für seine Schwester, die im Stillen seit einiger Zeit versuchte, einen Gatten zu finden. Er genoss jedoch das Schauspiel, welches sie ihm bot. Mit kühler Ignoranz strafte sie all jene, die von ihrer Schönheit angelockt wurden und dennoch gab sie ihnen subtile, nonverbale Zeichen, um sie bei sich zu halten. Viele Verehrer machten schließlich attraktiv. Aaron wusste nur zu gut, dass Aarin nur Gespräche mit der Königsfamilie oder einem Vertreter der Dracas akzeptierte. Er zweifelte nicht einmal daran, dass sie es bei Garrus versucht hätte, wäre der junge Prinz heute hier aufgetaucht.

Aaron lächelte den Damen, die ihn interessiert musterten, zu. Geehrt von der Aufmerksamkeit verbeugten sie sich, kicherten einander zu und gingen.
"Wie anmaßen zu glauben, ich würde mich dazu herablassen, jemanden wie sie auch nur in Anbetracht zu ziehen", raunte er seiner Schwester zu.
Sie schenkte ihm keinerlei Beachtung, war zu beschäftigt damit, ihre feinen Proportionen perfekt zur Schau zu stellen.
"Was hast du denn erwartet?", fragte sie spitz und Aaron nahm dies als Anlass, sich von ihr zu entfernen. Ihre Laune war... fragwürdig. Aber das war sie immer und in gewisser Weise konnte Aaron es verstehen. Insgeheim musste sie unglaublich angespannt sein. Langsam wurde sie schließlich alt. Es wurde peinlich. 
Hier und da blieb Aaron stehen, ließ sich in ein Gespräch verwickeln und zog dann weiter, immer mit einem klar präsenten Gedanken im Kopf. Hier gab es heute niemanden. Die Einzige, die er an seiner Seite akzeptiert hätte, feierte heute ihre Verlobung. Penthesilea Achilléas hatte nicht direkt einen Stammbaum vorzuweisen, den man voller Stolz herumposaunte, aber wie bei seiner eigenen Mutter, hatte sie etwas vorzuweisen, das sie begehrenswert machte. Vollendete Schönheit.

Mit Bedauern sah er dabei zu, wie Anchor Aegidius Penthesilea zum Tanz aufforderte. Unschicklich, von einem so alten Mann eine so junge Dame zu umwerben, aber sein Vorgehen war keine schlechte Idee. Aaron war sich zwar sicher, dass Penthesilea zu jung war, um einem Skandal willentlich entgegenzusteuern, aber Aaron hätte nichts dagegen, Neptun Acillius die Partie zu versauen. Schließlich war er sich ziemlich sicher, dass Penthesilea die Linie der Miles bereichert hätte. Im Prinzip hatte er also ein Anrecht auf sie. 
Nachdenklich betrachtete er das tanzende Paar. Er würde sein Glück später versuchen. Anchor hatte seine Chance gehabt, es sich sowohl mit der Königsfamilie als auch der eigenen versaut und sollte nicht darauf hoffen, dass so ein Juwel ihn wahrhaftig beachtete. Sie verdiente etwas Stattliches. Keinen Krüppel ohne Perspektive und Aufstiegschancen. Sie brauchte jemanden wie ihn. Aaron lächelte im Stillen, als er plante.


Anspielbar





 
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#18
Er sagte nichts mehr auf ihre Worte und es bedurfte auch keiner Antwort. Das was sie gesagt hatte, war die Wahrheit gewesen. Die kalte, klare Wahrheit über das Verfahren eines gebrochenen Herzens. Darüber musste man nicht lamentieren, darüber musste sich nicht künstlich ausgelassen werden, denn es benötigte einfach Zeit. So viel Zeit wie es wollte. Und wenn die Damen dieser Gesellschaft etwas mehr Anstand hatten, so würden sie sich dem Lohfarbenen auch nicht aufdrängen sondern warten, bis er sich wieder zu öffnen wagte. Doch das war eine Wunschvorstellung, der keine Taten folgen würden. Keine wünschenswerten

Beinahe überrascht war das junge Mädchen als sie das deutlich verkannte Taktgefühl des Ausbilders bemerkte. Mühelos folgten sie den Bewegungen des anderen, schienen zu wissen was der nächste Schritt war und welche Drehung an der Reihe war. Hatte sie erwartet, dass er unbeholfen war? Nein, aber für einen Moment schien er seine Kriegsverletzungen zu vergessen und wirkte trotz jener nicht minder Elegant wie sie selbst. 
Ein schwaches Grinsen erklomm ihre Lippen, zeigte bloß nicht zu viele Zähne, als sie die Antwort des Soldaten vernahm. "Nun, das klingt nach einem sehr ausgeklügelten Plan!", gestand sie mit einem Seitenblick zum König - Spartacus hatte sich zu ihm gesellt -, der nicht von all den Damen umzingelt wurde, obwohl er ohne Frage der begehrteste aller anwesenden Junggesellen war. Wer - außer sie - wollte nicht an der Seite des Königs leben und einen Status genießen, den sonst niemand innehatte? Selbst der Adel verblasste neben der Familie der Valerius. Und das nicht einmal weil der König dies nach außen trug. "Diesem Tanz werden wohl alle Blicke folgen.", das Grinsen wurde zu einem amüsierten leisen Lachen, während ihre Augen in seinen ruhten. 

 Seiner Erklärung folgte ein Nicken ihrerseits. "Manchmal habe ich das Gefühl, dass es innerhalb dieser Gesellschaft gefährlicher ist als an den Grenzen.", gestand sie leise und musste dabei an Gaia Acillius und auch an ihre Schwiegermutter denken, deren Blicke sich vermutlich gerade in ihren Rücken brannten, während Neptun den eleganten Bewegungen seiner zukünftigen Gattin folgte, völlig zufrieden mit seinem Leben. "Von daher ist es gut, dass ihr dieses Fest auf Euch nehmt und wacht.", fuhr sie fort, wissend, dass sie gerade erst einen Huf in den tiefen Teich des Adels, der dortigen Intrigen und Machenschaften gesteckt hatte. Nicht einmal bis zu ihren Fesseln stand sie darin und doch hatte sie das Gefühl, als würde bereits dort Gefahr lauern. Vielleicht war es aber auch nur die Furcht vor dem Unbekannten, sie wollte schließlich niemanden böses unterstellen. Sie lächelte wieder, ehe sie auseinander fächerten.

Als sie wieder nah bei dem Lohfarbenen war - so nah wie es sich für sie nun eben schickte - dachte sie kurz über seine Frage nach. Ihre feinsäuberliche Fassade bekam keinen Riss. "Beides.", gestand sie, ihrer lächelnden Mutter ein ebensolch strahlendes Lächeln schenkend. "Es ist das erste Mal seit langem, dass ich meine Mutter wieder so sehe.", so war das Opfer, welches sie erbrachte doch mehr als gerechtfertigt, oder? "Sie hat so viel mit meinem kleinen Bruder zu tun, da schien sich Juno verpflichtet zu fühlen, ihr die Last abzunehmen, sich noch um ihre Tochter kümmern zu müssen.", fuhr sie mit gedämpfter Stimme fort. Penthesilea hatte sich nie als Last empfunden, und wahrscheinlich sah Asariel sie auch nicht als solche an. Sie wollte einfach, dass ihrer Tochter die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die sie verdiente. Und die sie ihr aktuell nicht bieten konnte. "Es freut mich, dass sie glücklich ist.", das Lächeln auf ihren Lippen wurde stärker. Sie - Penthesilea - würde es sicher auch werden. Ganz sicher. Mit der Zeit.  

Anchor

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#19
Schmach nannte sie es. Schmach! Es war keine Schmach, es war eine Schande. Andere mochten schmunzelnd darüber hinwegsehen, aber ihr Bruder hätte es sein müssen, der den Ball mit seiner Verlobten eröffnete. Vielleicht wären sie unbeholfen gewesen, wären gewiss gegeneinander gestolpert, aber war das von Belang? Sie waren keine Kinder mehr, auch wenn augenscheinlich viele dies zu denken schienen. Sie würden ehelichen und wären damit dazu verpflichtet, eine Familie zu gründen. Es war Zeit, erwachsen zu werden. Penthesilea lachte über irgendetwas, was der Aegidius gesagt hatte und Ceres formte ihre Augen zu Schlitzen, als sie die beiden auf der Tanzfläche beobachtete.
Vorsicht, dachte sie bei sich.
"Meinem Nervenkleid geht es großartig", gab sie bissig von sich. Angestrengt versuchte sie, ihre verspannten Muskeln zu lockern, um den Worten ihrer Schwester nicht ungewollt recht zu geben. Aber wie sollte man da auch ruhig bleiben!? Der Tag hatte so gut begonnen, aber es waren nur wenige Minuten vor Ort vonnöten gewesen, um den Plan, den ihre Familie gesponnen hatte, zu zerstören. Niemand würde von der Familie Acillius sprechen, wenn man nun an diesen Abend denken würde. Zumindest nicht vorrangig.

"Ist das nicht Desmond Aegidius?"
Ruckartig fuhr sie herum. 
"Wo!?"
In ihrer Drehung lag so viel Elan, dass sie strauchelte und gegen ihre Großmutter krachte. Entsetzt und gleichermaßen beschämt blinzelte sie, als diese sie mit einem Blick strafte und sich gleich darauf an ihre Schwester wandte, um sie zu ermahnen. Zurecht! Was jedoch nichts daran änderte, dass auch Ceres sich gerade grauenhaft benommen hatte. Sich räuspernd versuchte sie sich gerade hinzustellen, nicht den Kopf hin und her zu bewegen und den Muskel in ihrem Hals ausfindig zu machen, der nun sicherlich gezerrt war.
Aber ja, tatsächlich, ihre Schwester hatte recht. Dort stand er, Desmond Aegidius. Und er sah…
"Selbst wenn er nach einer suchen würde, würde er hier kein Glück finden. Er ist ein aufgeblasener Gockel und keine Dame, die etwas von sich hält, würde sich darauf einlassen, ihn zu ehelichen." 
Sie sprach etwas zu frei, benutzte Worte, die nicht schicklich waren, aber sie spürte noch immer, wie ihr Gesicht brannte. Besser, so viel Distanz zu wahren wie möglich. 
"Du bist doch nicht etwa an ihm interessiert, oder?", zischte sie Vesta leise ins Ohr. So, dass Gaia es nach Möglichkeit nicht mitbekam.

Vesta

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#20
"Wie unerhört!"
Die leichte Empörung in Eris' Stimme war deutlich zu vernehmen. Nykes Brust hob sich unter einem schwachen Atemzug und ihr Blick folgte, ebenso wie der ihrer Schwester, den beiden Körpern, die sich in harmonischer Eleganz über die Lichtung bewegten. 
"Das ist ein Bruch der Etikette!"
"Vielleicht.", erwiderte Nyke ruhig. "Aber Anchor bewahrt sie vor dem Schmerz, den ersten Tanz nicht mit ihrem Vater teilen zu können."
Sie löste ihre Augen von den Tanzenden und richtete sie in die Seelenspiegel der Stute an ihrer Seite, die ebenso dunkel waren wie ihre eigenen. Noch immer spiegelte sich leichter Widerwille in Eris' Gesicht, doch konnte Nyke an dem leichten Zucken ihrer Mundwinkel erkennen, dass sie die Wahrheit dieser Worte nicht gänzlich von der Hand zu weisen vermochte. Nykes Lippen kräuselten sich zu einem schwachen Lächeln, ehe sie ihrer älteren Schwester mit einer leichten Berührung ihr Mitgefühl zusicherte. Für Eris war dieser Ball nicht das erste gesellschaftliche Ereignis, jedoch das erste, seit dem Tod ihres Gatten und Nyke wusste, dass ihre Empörung vielmehr ein Ausdruck ihres eigenen Schmerzes war. Die Ehe war kurz gewesen. Aber, soweit Nyke es von außen zu beurteilen vermochte, glücklich. Und es hatte Eris sehr geschmerzt, zurück in den Schoß ihrer alten Familie kehren zu müssen, ehe sie selbst eine neue hatte gründen können. Immerhin aber hatte es Lucius dazu gezwungen, sein Augenmerk weniger auf Nyke zu richten und er war nicht mehr nur damit beschäftigt, sämtliche Freier von seiner jüngeren Tochter fernzuhalten, sondern stattdessen einen neuen Ehegatten für seine Ältere zu finden.
Sie liebte ihren Vater. Aber die Sorge, die er seit dem Verschwinden seiner eigenen Schwester Syrinx an den Tag legte, konnte bisweilen... ein wenig erdrückend sein.
"Lass uns zu Vater gehen."
Eris' Tonfall hatte etwas Versöhnliches, doch Nyke schüttelte leicht den Kopf.
"Geh du nur. Ich bleibe hier."
Ihr Vater befand sich irgendwo inmitten der anderen Gäste und während Eris die begründete Hoffnung hegte, dass er sie mit einem potentiellen Freier bekannt machen würde, zog es Nyke nicht im Geringsten weiter hinein in das Gedränge. Diesbezüglich war sie schon immer das Gegenteil ihrer Schwester gewesen. Sie fühlte sich am Rande deutlich wohler. Eris lächelte wissend, nickte. Und verschwand dann zwischen den Leibern. Nyke hielt einen Moment inne, ehe sie mit einem leisen Seufzen den Atem aus ihrer Lunge entließ. Schon jetzt begann es, in ihrem Kopf zu Summen. Wie immer, wenn zu viele Seelen auf einem Ort zusammentrafen. Sie wandte sich um, doch ehe sie gänzlich jene Richtung einschlagen konnte, in welche sie zu Gehen vorgehabt hatte, stieß ihre Schulter gegen einen anderen Körper. Unnachgiebig stand er da. Wie aus dem Boden gewachsen.
"Verzeiht meine Unachtsamkeit."
Die Entschuldigung verließ ihre Lippen, noch ehe Nyke den Blick gehoben hatte um zu erkennen, mit wem sie zusammengestoßen war. Als die Rote die Lider hob, traf das dunkle Braun ihrer Augen auf ein glasklares Blau. Wie der Himmel nach einem Wintersturm.
Sie wich einen Schritt zurück, als sie ihn erkannte, jedoch nicht aus Furcht oder Scham, sondern schlicht um den Raum zwischen ihnen zu schaffen, der angemessen war.
Desmond. Kein Wunder, dass sein Körper sich so unnachgiebig angefühlt hatte. Sie neigte den Kopf.
"Entschuldigt bitte." 

Desmond

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