15. Herbst 83, nachmittags | Lichtung im Wald | Schicksalsschlag, Nero Valerius, Penthesilea Achilléas, Anchor Aegidius, Spartacus Licinius, Ceres Acillius, Ezrael Achilléas, Sayyirah, Vesta Acillius, Desmond Aegidius, Aaron Miles, Nyke Astoria, Tuana Licinius, Karthago Dracas, Ares Licinius, Nova Odyssey, Rhíon, Artemis Miles, Álvaro, Kachina, Fawna Miles, Gaia Acillius, Lyrae, Hestia Dracas, , , Damhnait, Acalo Aegidius, Lucian Astoria, Cyan
Ihre Mutter hatte nicht mitkommen wollen. Verständlich, da die kleine Stute sich wohl bald schon von ihr verabschieden musste. Je kälter und Nasser es werden würde, desto eher kamen die Krankheiten. Insgeheim hatte sich die kleine Stute bereits ein Vorrat an einigen Kräutern angelegt, die ihrer Mutter Linderung schaffen konnten, aber ihr Geist, ihre Aura war bereits mit dem Tod verbunden. Es war schwer zu erklären und gehörte wohl nicht zum heutigen Tag. Sie selbst war alt genug und durfte an einer solchen Feierlichkeit das erste mal teilnehmen. Auch ohne Begleitung, das war etwas, was Kachina wohl nun öfters tun musste.
Ohne Begleitung.
Ihr kleines Herz hämmerte, kannte sie doch kaum jemanden. Sie trat von der Seite auf die Lichtung zu, auf der das Volk stand. Hier und da nahm man sie kurz wahr, aber mehr als ein Nicken und Abwenden, bekam sie nicht. Hätte die kleine Ponystute auch gewundert.
Ehrfurchtsvoll blickte sie auf die Tanzenden. Wie schön die meisten waren. Sie hatten alle bunte Blumen in ihren Haaren, der Wind umspielte diesen Ort wie ein kleines Zauberland und wenn es Abend werden würde, kamen mit Sicherheit die Glühwürmchen empor, die sonst auf dieser Lichtung zu finden waren.
Neugierig blickte sie sich um. Lea und Neptun, Ezrael und Sayy, Spartacus an der Seite des Königs. Mehr war ihr nicht geläufig. Hielt sie sich doch wenn überhaupt bei den Fohlen auf. Ares und Tuana erkannte sie noch, aber hatte nie mit ihnen geredet. Welche schönen Abbilder sie alle waren. Immerhin hatte sich Kachina mühevoll an einem Ast die Mähne gekämmt, auch wenn sie langsam wieder ihr widerspenstiges Antlitz annahmen.
Man hatte ihr noch nicht wirklich erklärt, warum einige vom Volk sich unter die Adligen mischen konnten, während die meisten anderen abseits blieben und sich nur neugierig die Hälser verbogen. Aber das würde sie irgendwann herausfinden, gewiss.
Am Rand entlang gehend, betrachtete sie die Schrittfolgen der Tanzenden. Sie sahen so akkurat und schön aus, aber es fehlte ihnen an Leben. An Fröhlichkeit. Kaum ein Tänzer strahlte Freude für einen solchen Tanz aus. Wenn Kachina tanzte – alleine mit dem Wind zu seinen Klängen – dann war sie voller Freude. Hier aber... sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Beneiden tat sie nach einigen Blicken auf den Adel, keinen von ihnen. Vielleicht sollte ich es Mama nachmachen und zurückkehren. Das hier gleicht einer Ansammlung von Steinen.
Suchend sah sie sich Lea an. Sie wirkte Glücklich. War es wirklich das, was sie wollte?
Verstand das alles nicht wirklich.
Anspielbar | Rand
"Natürlich bin ich unzufrieden.",
Natürlich war er unzufrieden. Er hätte es auch nicht anders angenommen. Grotesk, dass er den goldenen besser als jedes Mitglied seiner eigenen Familie kannte.
Karthago hatte Feuer gesucht und er hatte es gefunden. Aaron enttäuschte ihn wahrlich nie. Diese friedvollen Momente, die bunte Schaar, das Raunen und Rauschen der leeren, jeglichen Sinn beraubter Worte. Er konnte es nicht verstehen.
Verstohlen blickten die verengten Augen aus glühendem Rot zu seinem König. Weshalb ließ Nero dies nur immer noch zu? Hielt er nicht solch große Stücke auf den Rappen, er hätte die gesamte Monarchie in ein Chaos gestürzt, aus dem es kein Zurück gab. Oft schon hatte er Nero seine wahren Gedanken mitgeteilt und oft hatte Nero ihm deutlich gemacht, dass seine rauen Worte und Weltvorstellungen nur bei dem Valerius selbst sicher waren. In den falschen Ohren würden sie womöglich wirklich für den Untergang der ein oder anderen Sippe sorgen. Also hielt Karthago sich zurück - so gut es ging. Seinem König zu Liebe. Als er also den Blickaustausch zwischen Nero und seinem Vater vernahm, verzog er entnervt die Miene, richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den goldenen Miles.
Er lauschte seinen Worten, die genau die passende Lautstärke hatten. Denn was für Karthago galt, galt auch für den jungen Miles: in den falschen Ohren war auch sein Weltbild ein Scheiterhaufen für manche Träume.
Doch er grinste. Oh, er liebte diese Luft zwischen ihn. "Ich muss dir wohl zustimmen," gestand er. Er verstand seinen Bruder. Er selbst hatte aus erster Hand erfahren, dass Penthesilea anders war. Sie gehörte zu der kleinen Auswahl an Damen, die ihn nicht mit ihrer öden Art sogleich vergraulten. Wäre sie nicht zu jung - vielleicht hätte sie auch ihn für sich gewinnen können. Er kam nicht umhin, an ihre letzte Begegnung zurück zu denken. Wollte sie nicht seinen Humor kennen lernen? Seine Augen wurden dunkler. Etwas in ihm hielt ihn davon ab. Er stellte fest, dass er Penthesilea nicht schaden wollte.
"Allerdings müssen einige Revolutionen zunächst im Stillen kreiert werden." Es wäre nicht schlau, sich ihrer jetzt so anzunehmen. "Sollte dein Interesse ehrlich sein," setzte er an, denn er hasste nichts mehr als Heuchelei unter engen Vertrauten, "lege ich dir Geduld ans Herz. Wir feiern ihre Verlobung, nicht ihre Vermählung." Ein hämisches Grinsen untermalte seine Züge. "Vielleicht solltest du sie einfach daran erinnern, wer der wahre Erbe der Miles ist. Strahlt Gold nicht ohnehin heller als Silber?" Ein liebloses Nicken in Neptuns Richtung. Wäre es nicht Aaron, er hätte den Hengst für seine unüberlegten Pläne ins Gesicht gespuckt. Er war ehrlich davon überzeugt, dass in dem Palomino schlichtweg mehr Potential lag als in Neptun Acillius.
Sein Blick wanderte weiter. Die Miles schienen Karthago nicht loslassen zu wollen. Denn wieder war es Aarin, die seine Aufmerksamkeit auf ihn zog. Vielleicht würde er sich ihrer doch irgendwann erbarmen müssen. Er wurde müde.
Und dann sah er sie. Zuerst war es Artemis, die wie ein lauer Windzug den Weg in diesen Zirkus gefunden hatte. Seine Augen folgten ihr. Es fühlte sich nach wie vor merkwürdig an, diese Verbindung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte. Er konnte es nicht deuten; er mochte die Valkyre.
Dann aber sah er sie. Die Miene wieder starr, blickte er zu Nova Odyssey. Also doch keine Wahnvorstellung in einem Fiebertraum. Denn dort stand sie und Artemis hatte ihr Wort an sie gewandt. Er wusste die Situation nicht zu deuten. Machte sich ein wahntrunkener Gott über ihn lustig? Fortuna war ihm schon immer wie eine humorlose Hure vorgekommen.
Er wusste es nicht zu deuten, wusste nicht, was er aus dem Blick der Silberaugen lesen sollte. War das Ablehnung?
Sein Antlitz hatte jegliche Transparenz verloren. Er entzog sich diesem Bild. Später. Er würde sich dieser Problematik - seiner eigenen Gefühlswelt - später stellen.
Aaron
Ruhig strömte die laue Luft in ihre Lungen, unbeeindruckt. Dass ihre Klausur von einer anderen Seele gestört wurde, nahm sie dabei deutlich wahr, wenngleich das Silber ihrer Augen sich zunächst nicht von dem schwarzen Ritter löste. "Ja.", erwiderte sie, "In der Tat."
Und noch während diese Worte von ihren Lippen rollten, blickte der Dracas auf.
Vielleicht hatte sie ihren Blick einen Moment zu lang auf ihn gerichtet gehalten. Auch wenn Nova nicht an solch altruistische Dinge wie einen siebten Sinn glaubte, so kam sie um den Gedanken doch nicht gänzlich herum, dass er gespürt hatte, wie sie ihn ansah. Womöglich wär es klug, den Blick nunmehr abzuwenden. Und ganz sicher wäre eine andere Stute diesem Impuls auch gefolgt, hätte die Augen verschämt von ihm abgewandt und so getan, als sei sie in ein Gespräch mit vertieft oder mit etwas anderen beschäftigt. Doch Nova war nicht wie andere Stuten. War es nie gewesen. Würde es nie sein. Und sie hielt den Blick aufrecht, forderte regelrecht den Kontakt ihrer beider Augen heraus. Rot und Silber. Blut und Eisen.
Bis er es war, der ihn brach. Den Kontakt. Und den Bann.
Ihre Lippen zuckten, dann löste die Mondgöttin sich aus ihrer Haltung und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Stute, die sich so ohne Umschweife zu ihr gesellt hatte, offensichtlich weder irritiert, noch abgestoßen von ihrer vermeintlich antipathischen Aura.
Nova lächelte. Und der helle Farbton ihrer Augen wirkte wie die spiegelglatte Oberfläche eines in Sonnenlicht getauchten Sees.
"Sicher, Artemis. Die Schatten bieten genügend Raum für uns beide." kurz strich ihre Aufmerksamkeit über den Körper der Anderen, der schlank aber nicht kraftlos, sondern vielmehr athletisch wirkte. Eine der Valkyren?
"Und, aus welchem Grund meidet Ihr die Menge?" der dunkle Tonus ihrer Stimme war warm, als sie ihre Musterung beendet und den Blick wieder auf die Leiber derer gerichtet hatte, die in dieser grotesken Versammlung blauen Blutes ein fabelhaftes Vergnügen zu finden schienen.
Artemis
06-01-2024, 11:17 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-01-2024, 11:27 PM von Anni.)
Leise schnaubend versuchte Sayyirah etwas von ihrer Nervosität los zu werden. Am liebsten würde ihr Körper sich von einem Huf den anderen verlagern, wenn das nicht zu offensichtlich gewesen wäre. Hier, selbst wenn sie sich noch Rand befanden, waren so viele Augenpaare anwesend die sie beobachten konnten. Dabei hatte sie sich eigentlich immer als Anpassungsfähig gehalten, jemand der sich schnell an verschiedene Situationen gewöhnte. Aber das hier? Sie kam sich wie ein ungelenkes Fohlen vor, dass in die Abendgesellschaft der feinen Erwachsenen gestolpert war. Auch wenn sie bei dem ein oder anderen hier schon als Heiler mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte. Sie war keine Fremde mehr, hatte seit Silas sturz Tag und Nacht mit dieser Herde verbracht, aber selbst ihr war von Anfang an bewusst gewesen, dass der Adel doch nie das gleiche war wie der Rest. Ein Umstand, der sich bei diesem Fest nur noch deutlicher zeigte.
Noch immer ganz von Ezraels anhaftendem Duft berauscht, strahlte sie ihn an.“Natürlich! Hat es sonst noch keiner bemerkt?” Das konnte die Rappstute nicht glauben, eher würde es daran liegen, dass sie Ezrael dieses Kompliment versagt hatten. “Wir müssen doch unser Repertoire an Heilpflanzen ständig erweitern und was hilft da besser als ein feines Näschen?” Gespielt hob sie ihre Nüstern in die Luft und tat so, als würde sie eine Spur aufnehmen wollen.“Ach was, ein bisschen Wirbel im Kopf und Gesang schadet doch nicht. Das bringt etwas Stimmung in die Truppe hier”, grinste sie und stupste den großen Hengst neben sich mit der Schulter an. Lächelnd wartete sie seine Expertise ab, welcher Duft ihr wohl gut stehen würde. “Dahingehend lass ich mich ganz von dir leiten. Immerhin brauch ich jemanden, der mir eine Rückmeldung gibt”, dass Ezrael für diese Aufgabe schon jemanden im Kopf gehabt hatte, bemerkt sie leider spät. Zu gerne hätte sie seinen ganzen Satz gehört, aber da sprach er schon weiter und darauf herum reiten wollte sie nun auch nicht. Immerhin sollten sich ihre Gespräche doch nicht immer um Atlas und ihre Schwärmerei für ihn drehen. “Ihr Name sagt mir etwas, auch ich befürchte, ich habe kein Gesicht dazu vor Augen”, aber sie würde die besagte Anwärterin zu gerne kennen lernen. “Heiler können wir immer gebrauchen, denke ich. Ich würde mich freuen, wenn du uns einander vorstellst. Und wie heißt es so schön, deine Freunde sind meine Freunde.”Sie schenkte ihm ein Lächeln.
Selbst die verstrichene Zeit, die sie nun schon von Silas befreit war, ließ die Jahre zuvor nicht aus ihren Gedanken verschwinden. Auch wenn die Erinnerungen seltener wurden und von Atlas’ Anwesenheit fast gänzlich vertrieben wurden, wurde sie manches Mal doch von ihnen heimgesucht. Und doch halfen ihr Ezraels Worte, die dunklen Wolken aus ihren Gedanken zu vertreiben, was ihm ein dankbares Lächeln einbrachte. “Das schaffst du gerade schon mit deiner guten Laune, Ezi. Und das wird er bestimmt. Spätestens nach unserem Tanz bin ich mir sicher, dass er unvergesslich sein wird. Ich hab nämlich noch nie getanzt”, gab sie leise lachend zu. Ihre große Hoffnung bestand darin, dass Ezrael ihr fehlendes Talent ausgleichen konnte.
Ihr Blick folgte seinem, der auf eine Gruppe von stattlichen Pferden gerichtet war, denen man den Adel und das stolze Selbstbewusstsein in jedem Schritt ansah.“Aber dann sehe ich sie als meine Aufgabe an. Da fällt es mir viel leichter, mit ihnen umzugehen und jeglicher Titel ist unwichtig”, zumindest war es für sie so. Bei der Behandlung war jeder gleich und jedem gebührte dasselbe Recht nach Gesundheit und Wohlbefinden. Mit hochgezogener Augenpartie wartete sie auf seine Ausführung bezüglich seines Rettungsversuch, falls sie sich in einer unliebsamen Situation befand. Kurz warf sie den Kopf zurück und lachte mit ihm. ”Du würdest ihn rammen? Und dann? Am Ende dürfen wir ihn dann auch noch verarzten”, kicherte sie vergnügt. Ihr Retter in der Not. “Ach, Ezrael, du bist einfach ein Schatz”, kurz drückte sie ihm einen Schmatzer auf die Ganasche.
Ihr Blick verlor sich für einen Moment in der Ferne, wo der See lag. Sie stimmte dem Leibheiler mit einem stummen Nicken zu. Sie war sich auch sicher, dass in Atlas ein Herz schlummerte, dass er hinter einer Schutzmauer sicher verborgen hielt, wie es ihm seine Erziehung gelehrt hatte. Aber sie wollte sich noch nicht der Hoffnung hingeben, dass sie möglicherweise diejenige war, der dies gelingen mochte. “Dann werden wahrscheinlich eher seine männlichen Hormone mit ihm durchgehen als sein Herz”, schmunzelte sie leise und sah aus dem Augenwinkel zu Ezrael. “Er wird dir bei dem leider sicher nicht zustimmen.” Kein Wunder, dass er der feinen Gesellschaft hier seine Anwesenheit verwehrte.
Sayyirah versuchte ebenso galant einen Knicks ihres Vorderbeins anzudeuten, wenn auch sie alle mühe hatte, nicht zu straucheln. Aber immerhin hatte sie es hier gerade zum ersten Mal in ihrem Leben versucht. “Ich nehme deine Einladung sehr gerne an. Lass uns unser Glück versuchen.” Kurz huschte ihr Blick zu den Tänzen, die gerade stattfanden. “Eher dein Können, als mein undamenhaftes getrippel”, schmunzelte sie ihm zu ehe sich dieses in ein Lachen verwandelte. Auf Ezi war einfach verlass, er würde aus ihr eine Blumenprinzessin machen, nur damit sie Atlas im Gedächtnis bleiben würde.
“Da hast du recht. Es tut uns allen gut, auf andere Gedanken zu kommen und uns unter das Getümmel zu mischen”, und was passte da besser als ein Fest mit Tänzen und Vermittlungsversuchen zu neuen Bündnissen? Zumindest stellte sich die Rappin so die Gedanken der hohen Gesellschaft vor.“Dem würde ich auch nichts entgegensetzen wollen. Aber wie du schon sagst, furchterregenden kann sie einem schon erscheinen.” Als sich ein geradezu künstlich wirkendes Grinsen beim Sandfarbenen zeigte, sah sich Sayyirah um und brauchte einen Moment, um den Grund dafür zu finden. Eben jene Stute, von der gerade die Rede gewesen war, sah für einen Wimpernschlag in ihre Richtung. Viel zu kurz, um auch auf Sayyirahs Lippen ein offenes Lächeln zu entfalten. Dafür war sie gerade einfach zu überwältigt von den neuen Eindrücken und Erfahrungen, die Adelsfeste boten.
Fast schon bereute sie es, das Gespräch auf die Nichte des Leibheilers gerichtet zu haben. Die Lockerheit, die seiner Stimme bis eben beigewohnt hatte, schien wie weggewischt worden zu sein. Aber nun war es zu spät, um sich für ihre Neugier zu entschuldigen. So schenkte sie ihm ein aufmunterndes Lächeln und eine kurze Berührung der stummen Unterstützung an seiner großen Schulter. “Das stimmt, aber sieh dir an, wie erwachsen sie dieses Fest mit Würde trägt. Es mag eine arrangierte Ehe sein, aber Neptun ist scheint mir nicht viel älter zu sein. Vielleicht lernen sie voneinander und blühen gemeinsam auf?” Sie hoffte, Ezrael mit ihren Worten etwas Frieden zu schenken und fragte sich im selben Moment, ob sie nicht auch etwas von sich selbst sprach. Sie und Atlas hatten jeder seine Päckchen zu tragen und aus ihrer Vergangenheit auszubrechen. Vielleicht würde die Zeit ihnen zeigen, dass sie es gemeinsam schaffen konnten?
“Und Familie, ob aus Blut oder selbst gesucht, ist unsere beste Stütze, um jeglichen Lebensweg zu meistern.”
“Aber nur, weil ich so klein und ihr beide so stattlich und groß seid”, gab sie grinsend zurück. “Ihr gebt bestimmt tolle Schutzwälle ab, um sich dahinter zu verstecken.” Das sollte sie sich merken. Aber nein, heute wollte sie nicht wie früher im Schatten verweilen und das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachten. Heute wollte sie sich einmal in das Getümmel aus tanzenden Leibern stürzen. Auch wenn sich das in Wirklichkeit viel gesitteter abspielte, als es in ihrem Kopf klang. Immerhin ging es hier um Paartänze.
Lächelnd schloss die Rappin ihre Augen, als sie die weichen Nüstern Ezraels auf ihrer Stirn spürte. Eine Berührung, die ihr ihre Nervosität etwas zu nehmen schien. “Dann hoffen wir mal, ich bekomm gleich keinen Knoten in die Hufe”, lachte sie ihm zu, als sie ihm näher zu den anderen tanzenden Paaren folgte. Die für einen Moment pausierten, um mögliche Partnerwechsel durchzuführen. “Auf meinen ersten Tanz und die Hoffnung, ohne einen Sturz daraus hevor zu gehen”, grinste sie noch einmal ehe sie sich in Aufstellung begab. Immerhin war ihr Blick immer wieder für wenige Momente bei den Tanzenden gewesen, um sich die ein oder andere Manier abzugucken.
Ezrael
Mit einem leisen Seufzen richtete sich ihr sehnsüchtiger Blick zurück auf das Geschehen vor sich, an dem sie teilnehmen musste. Viel lieber würde Fawna gerade verschiedene Beeren sammeln und sie in ihrem Schälchen aus Baumrinde zu einer schönen Farbe zertreten. Es gab so viele Möglichkeiten, neue Kreationen auszuprobieren und Kunstwerke auf ihrem Körper entstehen zu lassen. Für sie waren diese Veränderungen, als würde sie sich in neue Fellkleider hüllen können. Jeden Tag jemand Neues sein, von dem nichts Unmögliches erwartet wurde oder der nicht gut genug war und ins perfekte Familienbild passte. Nicht so wie ihr perfekter Neffe, der sich gerade mit dem Erben der Dracas unterhalten zu schien. Pah, ah als wäre er wirklich so perfekt. Kopfschüttelnd wandte sie ihren Blick wieder ab. Ihr war es als junge Tochter der Miles nicht vergönnt, sich ihren eigenen Leidenschaften zu kümmern. Nein, sie sollte bestmöglich nicht auffallen oder aber einen vorteilhaften Tanzpartner an Lande ziehen, den sie nicht gleich wieder mit ihrer Freizeitaktivität verschreckte. Als wäre das noch möglich, immerhin wusste das doch eh schon jeder…
Ihrer Familie zu liebe war sie bei ihrem Langhaar mittlerweile bei einem sanften pastellrosa angekommen, wenn sie sich in die Öffentlichkeit begeben musste. Es brachte ihr zwar immer noch verächtliche Blicke ihrer Verwandtschaft ein, aber sie hatten es mittlerweile akzeptiert, dass es sie nur so gab. Schließlich spielte sie schon seit jüngstem Alter mit derlei Naturfarben. Nur hatte sie mit den Jahren an Erfahrung gewonnen, wie sie möglichst gleichmäßige und langanhaltende Färbungen kreierte.
Zu gerne wäre sie hinter den ersten Bäumen des Waldrandes geblieben, um so wenig Kontakt zu den restlichen Adligen, mit ihren herausgedrückten Brustkorben, haben zu müssen. Leider hatte ein drohender Blick von Aaidan gereicht, um sie in ihre Rolle als Miles schlüpfen zu lassen. Denn auch wenn sie am liebsten daraus hervorbrechen würde, wusste sie, dass es ihr nur noch weniger Chancen auf eine mögliche Beziehung einbringen würde. Sie war zwar schon als Mauerblümchen verrufen, aber ein Fünkchen Hoffnung lebte trotzdem in ihr weiter. Die Hoffnung, die Fesseln ihrer Familie sprengen zu können.
Das herum gestehe und Verfolgen der Tänze wurde langsam ermüdend, nachdem sie sich auch keine Erfolgsaussichten auf eine eigene Einladung machte. So ließ die Scheckstute ihren Blick über die Gäste wandern, die sich am Rande aufhielten und dem Trubel der Mitte entfliehen wollten oder gar nicht erst daran teilnehmen mussten.
Letztlich blieb ihr Blick an einer jungen Stute mit blondem Lanhaar hängen. Es musste ihre erste Festivität dieser Art sein, vermutete Fawna. Zudem schien sie allein zu sein, was ihr nach einer Abwechslung aussah, selbst diesem Wahnsinn für einen Moment entkommen zu können. Mit einer flinken Drehung entfernte sie sich geschickt von dem Rest ihrer Familie und brach aus deren Dunstkreis aus, um sich der anderen Stute von der Seite nähern zu können. Auffallen würde sie immer, mit ihrem bunten Langhaar, aber die abschätzigen und teils verwirrten Blicke war sie mittlerweile schon so gewohnt, dass sie nur noch selten bei ihr eine Reaktion auslösten.
Mit einem kleinen Lächeln blieb sie bei der Kleineren stehen. "Hallo, ich hoffe ich unterbreche dich gerade nicht bei irgendwas. Aber du sahst mir genauso verwirrt von dem Ganzen hier aus, wie ich es noch nach Jahren des miterlebens bin." Endlich konnte sie ihre Zunge lockern und wieder etwas mehr ihr eigenes Ich sein.
Kachina
Mochte diese Veranstaltung auch nur den Hauch der alten Eleganz vergangener Zeiten innewohnen, so war Gaia doch mehr als zufrieden. Es war der erste Schritt in eine neue Zukunft, oder einer neuen Vergangenheit? Sie wusste es noch nicht so genau, aber für's erste sollte es ihr genügen. Schließlich lief es in letzter Zeit ausgesprochen gut für die Familie Acillius.
So ließ die erfahrene Stute ihren Blick über die anderen Leiber wandern. Hinter ihren Enkeltöchtern aufragend, eine Harpyie im Rücken zweier schönen Amseln. Das Lächeln auf ihren Lippen wirkte höflich, der Ausdruck ihrer Augen heuchelte Freundlichkeit. Eine Maske angepasst an die Jahre die auf ihren Schultern lasten. Dabei missfiel ihr das Getuschel ihrer Enkelinnen, doch das war nichts im Vergleich zu der Respektlosigkeit die Anchor ihrer Familie entgegen brachte. Ihr. Seiner Großtante. Sie betrachtete das tanzende Paar mit ausdruckslosem Gesicht, insgeheim Tiberius den Vorwurf machend, da er sich nicht schnell genug um seine Schwiegertochter gekümmert hatte. Ihr dummer Sohn.
Doch nicht nur die beiden fingen ihren Blick. Sie erblickte auch Aaron Miles. Produkt einer idiotischen Idee, nicht mehr wert als das Blut seiner bedauernswerten Mutter. Er mochte die Familie Valerius und Miles verbinden, aber lediglich durch das minderwertige Blut des Volkes. Nichts worauf er stolz sein konnte, nichts was ihn annähernd interessant machte. Seine Arroganz stand ihm nicht zu. Machte ihn lächerlich. An seiner Seite der armselige Sohn eines einst bedeutenden Mannes. Sie verstand nicht, wieso der Dracas nicht mit mehr Strenge über seine Familie herrschte. Wo war noch gleich seine unleidliche Tochter? Hestia?
Gaia wandte den Blick ab, erblickte Ezrael Achilléas. Seine Art war sonderbar und entsprach nicht dem klassischen Adel, doch sein Versagen im Bezug auf Kýra Aegidius und Echo Valerius ließ ihn unweigerlich in ihrem Ansehen steigen. Kýra war es nicht wert gewesen, den Geburtsnamen Gaias zu tragen. Gut, dass die Brut die ihren Schoß verließ keinen Atemzug getan hatte. Gaia erinnerte sich an ihr Lächeln, es fiel ihr gar leichter bei diesem Gedanken.
Kurz betrachtete sie Nero. Ihren König. Ein trauriges Abbild des jungen Nero's der einst für so viel Potenzial gestanden hatte, trotz seiner erbärmlichen Mutter. Ihn und Celestial hatte Gaia respektieren können. Die verstorbene Königin hatte Gaia an seinem Urteilsvermögen zweifeln lassen, doch das Problem hatte sich auch von selbst gelöst und nun sah sie ihre Chance der Königsfamilie einen Dienst zu erweisen. Einen Dienst, der sie zur alten Stärke führen sollte. Dabei fiel ihr Blick auf Vesta, ihrer schönen Enkelin. Ihr Verstand war nicht so... geschäftstüchtig wie der Ceres' doch sie machte mehr her als ihre rote Enkeltochter. Hatte Ceres wieder zugenommen?
Zufrieden beobachtete die Matriarchin wie ihr Enkelsohn seine Gattin aus den Klauen des Aegidius befreite und mit ihr tanzte. Ein ungeschickter Junge mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Zu freundlich, zu nett - für Gaias Geschmack - aber kein hoffnungsloser Fall. Penthesilea hatte sich gemausert und ihr Blut - bestehend aus Ventor und Achilléas war mehr als erfolgsversprechend. Sie würde die Acillius stärken, hoffentlich trug sie nicht den Fluch ihrer Mutter in sich und würde schneller für Nachwuchs sorgen.
Kurz streifte Gaia's Blick den von Sunlit. Dem Volkssprecher und ein Hengst, den sie fast als Freund betiteln würde, obgleich sie Welten trennten. Er mochte von niederer Geburt sein, doch sein Verstand stimulierte den ihren. Sie waren sich ähnlich auf verschiedene weisen. Und er war der Volkssprecher, ein wichtiges Bindeglied innerhalb der Monarchie. Es war gut, sich mit ihm gut zu stellen. Seinen belämmerten Sohn sah sie zum Glück nicht. Ebenso wenig wie den vermeidlichen Bastard Nero's.
Dafür erblickte sie Desmond, den sie ebenso unausstehlich fand wie seine törichte Schwester. Doch sein Name machte ihn interessant und vielleicht wäre er sogar eine interessante Partie für ihre verbliebene Enkeltochter, die nun ebenfalls schnell heiraten musste. Sie wollte unter keinen Umständen, dass ihr Potenzial verschenkt werden würde, nur weil Ceres etwas pummelig war. Außerdem war sie intelligenter als Desmond. Ihn zu manipulieren wäre eine einfache Aufgabe. Doch er befand sich gerade mit Nyke Astoria im Gespräch. Wie sehr Gaia doch die Schwester Lucius vermisste. Sie war so ein edler Verstand gewesen. Hatte gewusst, worum es ging.
Wie dem auch sei. Ihre pummelige Enkeltochter stieß gegen ihre Brust. Warnend flog der Blick der erhabenen Stute zu Ceres. "Vielleicht solltest du dich lieber Bemühen einen Mann zu beeindrucken, anstatt närrisch zu tuscheln.", ihre Worte waren leise an ihre Enkelin gesprochen, doch ihnen lag eine weitaus bedrohlichere Bedeutung inne. Dann glitt ihr Blick zu Vesta, vermeidlich liebevoll ruhte ihr Blick auf der Braunen. Doch jeder der Gaia besser kannte - und damit war wohl ihre Familie gemeint - wusste, dass auch dort eine Warnung drin lag. "Und du wappnest dich besser für das Gespräch mit dem König.", nicht, dass ihre Enkelin noch etwas dummes sagte und damit ihre Chance vertan war. Doch bevor die Mädchen etwas erwidern konnten, wandte Gaia den Blick wieder ab. Ihr linker Mundwinkel zuckte leicht verbittert, das Getuschel der Mädchen jedoch nicht weiter beachtend. Sie waren wie sie waren. Später war genug Zeit für Maßregelung.
Bei Ceres & Vesta | Anspielbar
Anchor erwiderte Penthesileas verabschiedendes Lächeln und ließ einen Moment verstreichen, bevor er sich von ihr abwandte, Neptun respektvoll zunickte und sich wieder an den Rand der Gesellschaft treiben ließ. Einige wichen ihm mit großen Augen aus, als hätte er gerade eigenständig ein Rudel Wölfe bezwungen. Dabei hatte er bloß mit einer jungen Dame einen Ball eröffnet. Er hatte in seinem Leben weitaus größere Dinge getan und erlebt, für die er nicht einmal ein Nicken bekommen hatte. Aber ein Tanz, das war es, was ihnen im Gedächtnis blieb.
"Ihr habt Tarestostes würdig vertreten."
Die Worte hallten noch immer in seinem Inneren nach. Es war überhaupt nicht seine Absicht gewesen, ihn zu vertreten. Ihm derart noble Handlungsgründe zu unterstellen, fühlte sich falsch an. Wie eine Lüge. Aber beizeiten hatte er ohnehin das Gefühl, dass er tun konnte, was er wollte, die hohe Meinung gewisser Leute schien dennoch nicht zu sinken, während er bei anderen schon mit seiner Geburt versagt hatte.
Mit einem düsteren Blick umschiffte er Karthago Dracas und Aaron Miles, die mitten im Weg standen und es allem Anschein nach nicht für nötig hielten, die Tanzfläche freizuhalten. Seine Ohren legten sich in den Nacken und er stapfte ohne ein weiteres Wort in die Richtung von Nero und Spartacus.
Die erhoffte Ruhe währte nicht lange. Anchor suchte sich aus einem guten Grund den Platz in der Nähe Neros aus. Damen konnten sich ihm nicht einfach nähern, ohne in Gefahr zu laufen, von der gesamten Gesellschaft beobachtet zu werden. Es kam einer Aufwartung gleich und wurde dadurch zu einem Spektakel. Anchor konnte von Glück reden, dass seine Anwesenheit mittlerweile derart gewöhnlich erschien, dass er an seiner Seite schier unsichtbar wirkte. Er wechselte einen kurzen, heimlichen Seitenblick mit dem König und verdrehte die Augen, bevor er sich mit einem leichten Schmunzeln wieder der Beobachtung der Gesellschaft widmete.
In der Nähe von Spartacus und Nero, spricht sie jedoch nicht an
Anspielbar
Sollte sein Interesse ehrlich sein? Natürlich war sein Interesse ehrlich! Wie sollte es auch nicht ehrlich sein, wenn sich unter all diesen Stuten keine weitere zu erkennen gab, die seiner Aufmerksamkeit würdig war? Sie waren entweder alt, hässlich, plump oder schlicht und ergreifend von so niederem Stand, dass Aaron nicht einmal darüber nachgedacht hätte, ihr den Hof zu machen. Zwar hatte sein Vater damals eine gute Partie gemacht, aber jemanden aus dem Volk zu ehelichen sollte sich nicht häufen. Man würde sonst noch auf die Idee kommen, das Blut ihres Zweiges würde verunreinigen.
"Ich werde warten, bis sie den Tanz mit Neptun zu Ende geführt hat und mich ihr dann nähern. Sie sollte ein Gespräch mit mir führen, um zu sehen, wie es ist, von einer wahrlich beachtlichen Gestalt begattet zu werden. Währenddessen…" Sein Blick huschte zu Gaia und ihren zwei unscheinbaren Enkelinnen. Die eine war zu dünn, die andere zu dick. Ein wahres Trauerspiel. Und ihre Fellfärbungen waren eintönig. Die eine stach zu sehr heraus, die andere ging förmlich unter in der Menge. Aber das sollte nicht sein Problem sein. Gewiss war dies der Grund, weshalb die alte Matriarchin so unzufrieden dreinblickte.
"Du lenkst den alten Drachen ab, damit sie nicht augenblicklich dazwischen funkt. Ich kenne doch deine Vorliebe für ältere Damen."
Es war in diesem Moment, in welchem Anchor Aegidius ihn beinahe umrempelte. Aaron würde später so tun, als sei er nicht ausgewichen und hätte den Kopf respektvoll geneigt. Nein. Tatsächlich war dieser Mann es gewesen, der ihm ausgewichen und mit Reue im Blick von dannen gezogen war. Allein seinen Weg zu kreuzen, war schließlich eine Offenbarung des Schicksals! Doch als er ihm nachsah, erblickte er eine andere Gestalt, deren Auftauchen der nächsten Abrechnung gleichkam. Tief durchatmend legte er den Kopf in den Nacken und begann zu beten.
"Oh, bei Gott, bitte sag mir, dass meine Cousine nicht hier ist. Sie wird uns noch alle blamieren und in den Ruin treiben." Lissa Miles besaß wenigstens noch den Anstand, sich nicht mehr allzu häufig in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Auch wenn er nicht wusste, ob sie sich überhaupt an diese Veranstaltung hatte erinnern können. Ihre Tochter jedoch? Oh, sie ließ sich gewiss keine Gelegenheit entgehen, der Welt zu zeigen, wie unfassbar dämlich sie war. Allem Anschein nach hatte sie sich wieder in Scheiße gewälzt, denn ihre obszöne Mähnenfarbe brannte sich förmlich in seine Augen ein.
"Wir werden schnell handeln müssen, ansonsten wird Penthesilea von was auch immer für einer dummen Aktion Fawna dieses Mal träumt, auf mich schließen."
Karthago
Herr Aegidius. Ceres musste wahrlich an sich halten, um nicht in affektiertes Gelächter auszubrechen. Desmond war nun wahrlich kein Lord der feinen Gesellschaft, den man als Herr betiteln konnte. Er erinnerte sie trotz seines Alters eher an einen Bub, der den Ernst des Lebens noch nicht verstanden hatte. Dabei war es ihm erst letztes Jahr beinahe gelungen, enthauptet zu werden. Man würde meinen, so eine Erfahrung würde etwas an der Lebenseinstellung ändern.
"Ich kenne ihn ni..." Sie zögerte. Wenn sie ein Aufeinandertreffen leugnete, würde ihre Schwester hinterfragen, was sie soeben gesagt hatte. Wenn sie allerdings zugab, dass sie ihn tatsächlich einigermaßen gut kannte, würde man sich fragen, wie Ceres überhaupt in den Genuss seiner Gesellschaft gekommen war. Und das war keine Frage, die sie vor ihrer Großmutter beantworten wollte. Natürlich war es löblich, dass sie sich um eine gute Partie bemühte, aber gewiss hätte Gaia etwas an ihrem Vorgehen auszusetzen. Mit einer Gruppe Damen beim Training der Soldaten zuzusehen, war noch kein Skandal. Aber zurückzubleiben, alleine, und sich mit einem Mann, der einen Ruf wie Desmond es hatte, ungesehen zu unterhalten, war eine ganz andere Geschichte.
"Nun... Er hat mich einmal kurz angesprochen, aber ich habe ihn selbstverständlich abgewiesen." Desmond hatte sie noch nie in ihrem Leben angesprochen. Wenn sie sich richtig erinnerte, war immer sie diejenige gewesen, die das Haupt vor ihm geneigt, oder in seine Nähe getreten war. Seine Aufmerksamkeit hatte sie gewiss nie erregt. Nicht so, wie Nyke Astoria es gerade tat. Mit missmutig verzogenem Gesicht betrachtete sie die junge Dame. Obwohl sie gerne etwas an ihr auszusetzen gehabt hätte, konnte sie nichts finden.
"Sie sollte sich nicht unter Wert verkauf—"
Die Worte ihrer Großmutter hallten wir ein Paukenschlag. Ceres verstummte augenblicklich und richtete sich auf. Kopf hoch, Bauch einziehen, Mähne über eine Seite des Halses fallen lassen. Das war die Ausgangsposition einer edlen Dame.
"Entschuldige, Großmutter", sprach sie und neigte höflich den Kopf. Sie sollte sich besser unter Kontrolle haben, aber ihr Blick huschte dennoch immer wieder zu dem Aegidius und der Astoria. Warum unterhielten sie sich so lange? Hatten Sie etwa vor, zu tanzen? Ihre Schwester schien wahrlich kein guter Einfluss für sie zu sein.
Ceres war noch nicht verzweifelt genug, in aller Öffentlichkeit an einen Mann heranzutreten, aber sie war definitiv kurz davor. Oh, wie sehr sie sich wünschte, dass Tuana jetzt an ihrer Seite wäre und ihr helfen würde. Mit ihr durch die Menge zu schreiten wäre wesentlich weniger peinlich, als es alleine zu tun und damit zu wirken, wie eine zurückgelassene, plumpe Dame, die nichts zu bieten hatte, als ihre tristen Aussichten.
"Großmutter hat recht, Vesta. Bemühe dich doch, die Blicke des Königs aufzufangen. Es würde dir guttun, dich ein wenig mit ihm zu unterhalten und mit ihm gesehen zu werden."
Vesta & Gaia
Desmond bekam leider nichts von dem kleinen Theaterschauspiel um Ceres, Vesta und ihrer Großmutter mit. Zum einen war er voll und ganz auf die junge Astoria vor sich konzentriert, auf der anderen hielt Gaia's Anwesenheit ihn davon ab seinen Blick all zu lange in die Richtung der Familie Acillius zu führen. Er wollte sich ihrem niederschmetternden Urteil nicht aussetzen, zumal sie ihm wahrscheinlich früher oder später Lucius auf den Hals hetzte damit er dessen Tochter nicht in Verruf brachte. Aber bis dahin...
Seine blauen Augen betrachteten die junge Stute vor sich. Sie wusste wer er war. Natürlich. Die Damen des Adels waren zumeist besser informiert als die werten Herren. Schließlich befassten sie sich meistens deutlich früher durch ihre Mütter mit den einzelnen Adelsfamilien und lohnenswerten Partien. Es würde Desmond nicht wundern, wenn Nyke schon vor ihm gewarnt worden wäre. Woher sein frivoler Ruf herrührte, wusste der Graue nicht einmal. Anders als Koraés und Nero hatte er kein uneheliches Kind in die Welt gesetzt. Ob er wohl überhaupt jemals die Gelegenheit dazu gehabt hatte? Nun, das blieb das Geheimnis des Grauen.
"Ist es das?", verwundert schaute er Nyke an, die davon sprach, dass es eine Ehre war ihn kennenzulernen. Viele würden sicher etwas anderes behaupten, daher war seine Überraschung auch nicht gespielt. Sondern ehrlich. "Es freut mich, Nyke Astoria. Ich glaube ich habe Euch das letzte Mal gesehen, da wart Ihr noch ein Füllen.", ein belustigter Glanz legte sich in die Augen des Wächters. Damals hat der Adel seinen Nachwuchs noch der gehobenen Gesellschaft vorgestellt, mit einer kleinen Zusammenkunft. Ob es - da nun auch wieder Bälle an der Tagesordnung standen, wieder so werden würde?
Desmond lag es fern sein Talent auf dem Parkett zu präsentieren und nickte leicht, als Nyke sagte, dass ihr nicht ganz wohl war. "Selbstverständlich. Ich begleite Euch.", und damit ließen sie die Traube aus Damen und des ein oder anderen Herrns - denn Nyke war schließlich kein hässliches Entlein und ein Fräulein von Namen - hinter sich.
Automatisch kam es dem grauen Gardisten so vor, als könnte er nun befreiter atmen, wenngleich er wirklich vorgehabt hatte, sich der ein oder anderen Dame vorzustellen. Immerhin konnte er sich einreden, dass er sich bisher einer potenziellen Kandidatin zugewandt hatte. Und sie ließ ihn nicht schlecht dastehen, wenngleich das das Interesse der anderen nur noch weiter entfachen würde.
Die Worte der Jüngeren ließen Desmonds Mundwinkel belustigt zucken. "Es tut mir auch wahnsinnig leid.", gestand er mit ebenso leiser Stimme, den Kopf leicht in ihre Richtung geneigt. "Ihr habt etwas gut bei mir.", fuhr er fort und wich galant einem anderen Junggesellen aus der sich den Kopf gerade nach einer anderen Dame verdrehte. Rasch fand er jedoch an Nykes Seite zurück. "Und seid Ihr aktiv auf der Suche?", nach einem Gemahlen, einer vorteilhaften Partie. Desmond selbst war es, wenngleich er noch nicht wusste, wie er es angehen sollte. Noch nicht.
Nyke
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