I. STERBENDE WELT
III. die nahende Dunkelheit » TAG 10 DES SOMMERS
Der Frühling zog durch die Lande, brachte die Bäume und Gräser zum blühen, während neues Leben das Land besiedelte. Nicht nur die Pferde Valerias konnten sich über Nachwuchs freuen, auch die Rehe und Vögel präsentierten stolz ihren Nachwuchs. Vereinzelt sah man auch eine Dachsmutter mit ihren Welpen durch den Wald streifen. Doch von den Wölfen fehlt jede Spur. Es ist, als seien sie nach dem schlimmen Erdrutsch verschwunden. Ebenso wie Desmond Aegidius der sich gänzlich von der Monarchie verabschiedet zu haben scheint. Wo der junge Aegidius wohl ist? Mit seinem verschwinden, ist Anchor Aegidius der letzte seiner Familie, beziehungsweise der letzte Namensträger. Denn Desmonds Schwester ehelichte im kleinsten Kreis Ares Licinius was sie nun automatisch zu Tuana Licinius macht. Diese Verbindung und auch die von Nero Valerius und Echo Valerius lassen das Volk nach vorne schauen.
Im Auftrag des König erkundete Gabriel Noctis zusammen mit Koraés Achilleas, Ares Licinius und Álvaro das Gebirge. Immer häufiger und länger blieben die Soldaten fort, denn die Wege verloren sich immer häufiger in Sackgassen. Das Refugium scheint verloren zu sein, doch die Soldaten bemerkten eine seltsame Hitze in der Nähe dessen. Auch stellten sie alarmierend fest, dass sich fremde Witterungen häuften, auch wenn sie nie herausfanden von wo sie eigentlich kamen, oder wo sie hingingen. Zu sehr verlief sich alles in dem Labyrinth aus Granit.
Der Blick des Königs lag auf der ruhenden Gestalt Echos. Schon lange hatte sich der Tag der Nacht gebeugt und es sah ganz danach aus als würden die Soldaten auch jene im Gebirge verbringen. Es beunruhigte Nero, dass Gabriel ihm immer wieder von fremden Witterungen berichtete - in Kombination mit dem, was sein Vater ihm alles erzählt hatte verhieß es nichts gutes. Nein, sie mussten sich auf einen Schlag gefasst machen, denn allen Erzählungen nach schien sein Onkel zu der Sorte Hengst zu gehören die keine Rechnung offen ließ.
Gedankenverloren strichen die Nüstern des Rappen über das weiße Fell, seinen Frieden in ihrem Geruch und ihrer Wärme findend. Dann hörte er Schritte. Ihr Takt war ruhig, gleichmäßig und nur seinen geschulten Ohren war es zu verdanken, dass er bemerkte dass dieser Gleichtakt zu mehr als einem oder zwei Pferden gehörte. Aufmerksam hob er den Kopf, drehte sich leicht in die Richtung aus der die Gestalten kamen und blickte in die - zu hässlichen Grimassen verzogenen - Gesichter dreier unbekannter Hengste. Nero positionierte sich vor Echo, welche augenblicklich erwachte und sich aufrichtete. Ihr Blick flog in ihren Rücken, denn von dort näherten sich weitere Hengste. "Na wen haben wir denn da..", sprach einer von ihnen. Seine Stimme klang abgenutzt, schrill und unangenehm. Neros Ohren schmiegten sich in seinen Nacken während er die Zähne bleckte. "Was wollt ihr?", konterte der König schwach und rechnete sich aus wie lang er die Gruppe im Schach halten konnte, nur um festzustellen, dass es nicht lang genug wäre. "Sie.", war sie einfache Antwort ehe sich die drei Hengste auf den König stürzten und ein harter Kampf entflammte.
Es dauerte länger als sich der große Braune eingestanden hatte, doch unlängst hatten seine Kumpanen die weiße Dirne des ach so großen König Nero fortgeschleppt. Das letzte was das Mädchen hatte sehen können war wie ER seinen Huf über den Kopf des am Boden liegenden Königs positioniert hatte. Der Rappe blutete schwer, er glaubte nicht, dass er überleben würden. Ein süffisantes Grinsen zierte die Lippen des Hengstes, ehe er rasche Galoppsprünge vernahm und kaum da er sie gehört hatte einen harten Schlag in die Seite bekam. Überrascht japste die braune Gestalt nach Luft, ehe er einen harten Tritt in die Seite bekam. "Heeeeee!", blaffte er und wirbelte herum, in das Gesicht eines weißen Hengstes blickend. Kurz wägte er ab ob er auch gegen ihn kämpfen sollte, doch da seine Freunde weg waren, rechnete er sich schlechte Chancen gegen den vernarbten Hengst aus - er floh im schwankenden Galopp. Er schloss zu der Gruppe auf, die nun nicht nur das weiße Mädchen dabei hatten, sondern auch noch ein paar mehr. Sie passierten den Priester, diese unheimlich alte Gestalt. Als er noch einmal zurück blickte, war der Alte fort.
"Nero wach auf, Nero du musst aufwachen!", drängte Desmond die leblos wirkende Gestalt des schwarzen Königs, stupste ihn immer wieder sachte mit seinen Nüstern an, dabei nicht merkend, dass sich das Blut des Königs mehr und mehr auf seinem Körper verteilte. "Nero wa...", Schritte unterbrachen seine Stimme und der junge Schimmel blickte auf, geradewegs in das Gesicht des hohen Priesters. "Desmond..", die Stimme des Klerikers klang erfreut, listig und nachdenklich. "Ist dein Zorn auf Nero so groß gewesen? Hasst du ihn so sehr, dass du ihn versuchst zu töten?", er schüttelte mit dem Kopf, ehe er seine Stimme erneuert erhob. "HILFE! HILFE! HILFE DER KÖNIG WURDE ANGEGRIFFEN!", schrie der Priester in gespielter Verzweiflung und es dauerte nicht lange, bis ein ohnehin schon aufgelöster Achnor zu ihnen kam. "Desmond?", die Stimme seines Cousins brannte in den Ohren des Schimmels. "Führe Desmond ab, er hat versucht den König zu töten.", befahl der hohe Priester kalt und sah noch wie sich Ezrael rasch - für seinen Geschmack zu rasch - zu Nero begab. Gavriíl wandte sich ab um zum See zu traben.
Das Volk war unruhig. "Meine Schwester ist fort!", schrie Apiasante hysterisch und drückte die zitternde Penthesilea an sich, an deren Seite Spartacus beruhigend auf seine Freundin einredete. Es war ein Glück gewesen, dass das Fohlen nicht auch noch bei Nero und Echo gewesen war. Welch herber Verlust das gewesen wäre... "T...Tuana auch! Und Bryna!", drang es von der anderen Seite und Gavriíl schaute einen jeden aufgeregten Redner an. "Ich weiß es ist schwer, aber beruhigt euch, bitte.", begann der Priester sanft, Aufregung in seine Stimme legend, dann holte er tief Luft. "Wir werden alles in unserer Macht stehende tun um die verlorenen Seelen wieder zu finden. Auch unsere Königin ist fort und Nero...", er machte eine kunstvolle Pause, schluckte augenscheinlich schwer. "Nero... ist schwer verletzt, im Moment kann ich nicht sagen, ob er die Nacht überleben wird.", sprach der Priester besorgt und augenblicklich trat Schweigen ein. Hinter ihm wurde gerade der blutverschmierte Desmond entlang geführt. "Dieser Hengst ist der Drahtzieher von dem was heute Nacht passiert ist. Ich stieß gerade dazu als er dem bewusstlos werdenden König von seinen Beweggründen erzählte.", fuhr der hohe Priester fort, den Blick Desmonds in seinem Rücken spürend, die Fassungslosigkeit des Weißen war beinahe greifbar. Oh, innerlich freute sich Gavriíl sehr.