22. Spätsommer 82, Abends | Oase | Atlas, Spartacus Licinius
Seltsame Fragen stellte dieser Junge, doch Atlas fragte sich zugleich, ob er nicht ähnliche Fragen gestellt hatte? Spartacus kam in ein Alter - zusammen mit seiner Ausbildung - die solche Fragen eben zuließ und der Hüne war, wenngleich er mit Kindern nicht viel anfangen konnte, gewillt sie zu beantworten. "Schnell und präzise - ich verschwende keine Energie darauf, andere Leiden zu lassen.", erklärte er emotionslos und neigte den Kopf leicht zusammen, musterte den Blick des Dunkelfuchses. "Und du?", wahrscheinlich wäre das Kind ein wenig aufbrausender, oder glaubte, dass ein Verräter Qualen verdient habe - alles Blickwinkel und Wahrnehmungen, die einfach einem jungen Geist geschuldet waren. Nichtsdestotrotz war Atlas gespannt auf die Worte des Licinius-Erben.
"Genau.", Atlas nickte und dachte einen Moment an seine Mutter und ihre Geliebten zurück, an seine Ausbilder und seine Aufgaben. "Sie waren unterschiedlich. Ich bekam einmal den Auftrag eine trächtige Stute zu töten, sie hatte Hochverrat begannen, das Leben unter ihrem Herzen konnte im Grunde nichts dafür. Doch ich habe es einfach getan - das war mein Auftrag. Das Kind wäre heute drei Jahre alt, hätte möglicherweise einen freien Willen entwickelt und bessere Entscheidungen als seine Mutter getroffen. Aber diese Möglichkeit habe ich zunichte gemacht.", erklärte er, ohne einen Funken Reue in der Stimme. "Ob sie den Tod verdient hat? Vielleicht, aber vielleicht hätte man es auch anders regeln können. Das liegt nicht in meinem Ermessen. Das habe ich nicht hinterfragt.", verdeutliche der Rostfarbene mit nachdenklicher Miene. "Hätte ich es, hätte ich vielleicht gezögert und das hätte den Auftrag auf Abwege gebracht.", versuchte er zu erklären und schnaubte leise. Er wusste nicht, ob Spartacus verstand was er sagte, aber für Atlas klang das alles... simpel. Es war eine einfache Art zu leben und führte nicht zu Gewissenskonflikten. "Ich war der Bluthund meiner Mutter und meine Mutter nahm Aufträge aus allen möglichen Ländern an. Sitten können sehr verschieden sein, die Todesstrafe wird teilweise für Nichtigkeiten verteilt. Mein jüngstes Ziel war kaum älter als du.", Skrupel hatte nie in die Welt des Hünen gepasst. Ein Ziel, blieb ein Ziel.
Auf die Worte seines Cousin hin nickte der Valerius-Bastard. "Da hast du Recht und eines Tages werde ich wahrscheinlich auch genau deswegen draufgehen.", ein vages Schmunzeln zuckte an seinen Mundwinkeln. Dann ruckte sein Kopf hoch und ein heiseres, leises Lachen drang aus seiner Kehle, während der den grinsenden Knirps aus amüsierten, goldenen Augen betrachtete. "Ja, genau das sagte mir euer Leibheiler auch schon. In der Valerius-Monarchie läuft es etwas anders ab, als dort wo ich herkomme..", und Atlas wusste nicht, ob er den Gedanken - womöglich eine Familie zu haben die ihm am Arsch klebte - so schrecklich fand wie vorgegeben.
Ernsthafte Neugierde in den bernsteinfarbenen Seelenspiegeln habend, lauschte Spartacus aufmerksam den Worten seines Cousins, nur um vor Enttäuschung nicht das Gesicht zu verziehen. Seine Mundwinkel zuckten und am liebsten hätte er sich ein wie bedauerlich, aus seiner Kehle gepresst, aber er ließ es bleiben. Wohlwissend, dass Atlas sich noch so kühl geben konnte, aber vielleicht nicht doch seine Worte an Ohren weitergab, für jene sie nicht bestimmt gewesen waren. Spartacus presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, während alles in seinem Kopf danach schrie, dass er sie sehr wohl leiden sehen wollte. Sie alle. Der Prinz knirschte mit den Zähnen, starrte schließlich zu Boden. Er konnte, durfte seine Gedanken nicht teilen, denn er konnte niemanden vertrauen. Und sein einziger Vertrauter war bestimmt meilenweit von ihm entfernt. Wie aufs Stichwort juckte die Narbe unter dem dunklen Fell und Spartacus hob den Blick, hielt diesmal dem Atlas stand, ehe er kontrolliert die Luft in seine Lungen sog. „Ich habe bisher noch niemanden getötet“, aber hey, zumindest war er ehrlich. „Aber ich stand kurz davor“, seine Iriden schienen Funken zu sprühen, „ich hätte ihn leiden lassen“, grollte er und bemühte sich seine eiserne Miene beizubehalten, „er hätte es verdient. Genauso wie es jeder Verräter verdient, dass Leid, dass er anderen zufügt in hundertfacher Weise zurückzubekommen.“ Der Prinz schnappte hörbar nach Luft und schüttelte dann langsam seinen Kopf, „der Tod ist doch nur ein Geschenk für sie“, Spartacus schnaubte aus, so jetzt war es raus. Scheiße. Tja Pech gehabt.
Die Ausführungen des Hünen, ließen das Bild seiner Mutter unglaublich schmerzhaft in seinen Verstand dringen. Mütter mit einem Ungeborenen unter ihrem Herzen. Der Dunkelfuchs hielt seinen Blick starr auf Atlas gerichtet, versuchte sich nichts anmerken zu lassen, dass dessen Worte sehr wohl etwas in ihm auslösten, dass er unmöglich fassen konnte. „Wie alt warst du bei diesem Auftrag?“ Langsam nickte Spartacus, er glaubte zu verstehen. „Deine Erziehung erlaubte keine Nachfragen…“ In einem Zug stieß er die angestaute Luft aus, er glaubte nicht, dass Atlas jemals sonderlich viel nachdachte, aber dieser eine Auftrag brachte ihn wohl dazu. „Was wäre mit dir passiert, wenn du den Auftrag nicht hättest ausführen können?“ Starr gruben sich seine Iriden in Atlas Gesicht hinein, „wärst du getötet worden?“
Spartacus verkniff es sich, auch nur einen Muskel zu verziehen. Atlas war nicht nur sein dummer Cousin, sondern auch ein erbarmungsloser Mörder. Woah, wie aufregend. Spartacus rang das Kribbeln in seinen Mundwinkeln nieder, wahrscheinlich hätte es ihn erschrecken sollen, dass der Hüne nicht davor zurückgeschreckt war Kinder zu töten, aber das tat es – warum auch immer – nicht. Vielleicht weil er seinen eigenen Tod schon einige Male vor sich gesehen hatte und ihn nicht einmal erschreckend fand? „Was hat das Kind getan, damit es den Tod verdient hatte?“, fragte Spartacus nach, seine Stimme ruhig.
Das breite Grinsen war in Spartacus Gesicht zurückgekehrt. Diesen… - konnte man es Humor nennen? – des Hünen mochte der Prinz irgendwie. Doch Spartacus Grinsen verblasste. Wo sie wieder beim Thema wären. Die Monarchie, dieser zusammengewürfelte Haufen, mit seinen ganzen Regeln. Ein Seufzen troff von seinen Lippen, „unser Leibheiler ist aber auch ein Fall für sich“, er rollte mit den Augen, „du bist echt ätzend, weißt du das?“
Die goldenen Augen des Hünen musterten den Jungen während er sprach und es war nicht schwer zu erkennen, dass Spartacus eine unglaubliche Wut in sich hatte. Sein ganzer Körper schien zu pulsieren, seine Augen spuckten ein dunkles Feuer und Atlas würde lügen, wenn er dieses Feuer nicht schon einmal gesehen hatte. Er erkannte Wahnsinn, wenn er ihn sah und wenn jener nicht gebändigt oder in die richtige Richtung gelenkt wurde, würde er zerstörerische Ausmaße annehmen. Der junge Licinius befand sich auf einen Scheideweg und er hatte sich noch nicht entschieden, welchen Weg er nehmen würde, auch wenn alles in ihm aktuell nach Leid schrie. "Da hast du Recht.", Atlas nickte. "Der Tod ist ein Geschenk, gerade für jene die unbeschreibliches Leid über andere gebracht haben und durch einen schnellen Tod selbst nie welches erfahren mussten.", da war Atlas tatsächlich auf der Seite des Prinzen und es war eine natürliche und logische Denkweise, die der Junge an den Tag legte. Sie war normal, aber eben zu emotional. "Eines Tages wirst du jemanden töten.", der Hüne hob kurz seinen Blick, musterte die Umgebung. Es stand außer Frage, dass Spartacus eines Tages jemanden das Leben nehmen würde. Die Welt war voller Gewalt. "Und vielleicht wirst du denjenigen auch Leiden lassen und es wird dir gut und gerecht vorkommen, wahrscheinlich wird es das auch sein.", in einer Welt, die nur aus Schwarz und Weiß bestand. "Doch..", und damit senkte Atlas wieder den Blick auf den Jungen. "... hinterfrage danach deine eigenen Gefühle. Freude hat zum Beispiel nichts in dem Akt des Mordens zu suchen - das würde uns nicht besser als jenen machen, der andere aus Spaß Leiden lässt. Erleichterung und Triumpf. Zulässig. Doch wie triumphal kann ein Sieg sein, wenn er sich an dem Leid eines anderen bemisst? Ein schmaler Grad, den du für dich selbst herausfinden musst und auch wirst.", daran hatte Atlas keinen Zweifel, Spartacus würde seinen Weg schon gehen und vielleicht war der Gedanke von vorhin, gar nicht Mal so abwegig - auch wenn sein Cousin dann wahrscheinlich älter sein würde und ein härterer Gegner. Er blieb gespannt, der Prinz war gerade erst am Anfang seines Lebens.
"Ich war zweieinhalb.", erinnerte sich der Rostfarbene und musterte weiterhin das Gesicht des Jungen. Vielleicht war da eine Regung, vielleicht aber auch nicht. Atlas konnte es nicht bestimmen. Die nächste Frage des Kindes ließ Atlas leicht mit den Schultern zucken. "Womöglich. Die Konsequenz für Fahrlässigkeit und 'Stümperei' war immer Gewalt. Ein Widersetzen wäre vielleicht so geendet, meine Ausbilder waren da sehr streng.", zumindest wenn es nach den Geliebten seiner Mutter ging. Sie hätte ihn wahrscheinlich mit jener mütterlichen Enttäuschung gestraft, die er niemals verkraftet hätte. "Der Junge war Thronerbe, sein Vater tot. Die Herrscherlinie sollte aussterben.", erklärte Atlas mit ruhiger Stimme und sog die warme Wüstenluft tief in seine Nüstern. Und sie war ausgestorben - das Reich hatte nun einen anderen König. Ob er besser war? Atlas wusste es nicht. Es interessierte ihn aber auch nicht.
Das Grinsen des Jungen verriet sein eigentliches Alter und vielleicht auch seinen eigentlichen Charakter. Es war fast schade, dass er so viel Wut in sich trug - auch wenn sie einem manchmal nützlich war. "Ein Fall für sich ist leicht untertrieben...", der Rostfarbene zog die Nüstern kraus und schüttelte seinen großen Kopf. Ezrael war ein Sonderling und er würde es wohl auch immer bleiben. Dann hob er jedoch eine seiner Augenbrauen und ein Funke Amüsement strich durch die goldenen Iriden des Bastards. "Oh, da scheinen wir was gemeinsam zu haben.", kommentierte der das Kompliment des Licinius-Erben.
03-07-2023, 08:42 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-10-2023, 07:16 PM von Sarah.)
„Da hast du Recht.“ Das Grinsen, welches sich noch auf Spartacus Lippen schleichen wollte, bereit dem Hünen eine Antwort auf dessen erwartetes Entsetzten zu liefern, verblasste augenblicklich, als die Worte Atlas an seine Ohren drangen. Er hatte Recht. Sein Cousin gab ihm Recht. Einfach so, ohne die mahnenden Worte, die doch zuerst folgen sollten, dass ein Kind so etwas nicht denken sollte, dass es gar Gift für seinen Geist wäre. Aber-
Spartacus presste die dunklen Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und verbannte den Funken der Überraschung erfolgreich, der ihm kurz in dem bersteinfarbigen Iriden anzusehen gewesen war.
Er würde töten, diese Gewissheit sandte ein warmes Kribbeln sein Rückgrat hinauf, endete in seinen Mundwinkeln und nistete sich dann als sein pochender Herzschlag in seiner Brust ein. Er würde töten. Töten. Töten. Der Prinz riss seinen Kopf nach oben, lauschte Atlas Worten, nachdem er zuvor sehr intensiv in den Boden zu seinen Hufen gestarrt hatte. „Es ist gut und gerecht“, schwappte ihm über die Lippen ohne nachzudenken. Jeder Tod hatte irgendwo eine Gerechtigkeit inne. Nur war jene auf groteske Art und Weise verdreht. Es war anderen vielleicht gerecht vorgekommen seinen Vater zu töten, nur weil sie meinten ihn für ein höheres Wohl leiden zu lassen. Weil er ihnen nicht passte. Nicht perfekt war. Spartacus Atem ging nun stoßweise und er kniff seine Lider zusammen, um sich auf Atlas zu konzentrieren. „Ich soll mich hinterfragen?“, presste er erstickt aus sich heraus und schüttelte den Rest seiner Gedanken ab. „Ich weiß nicht, was ich empfunden hätte, hätte ich denjenigen auf dem Schlachtfeld getötet“, wäre da so etwas wie Freude gewesen? Genugtuung die Welt zu einem besseren Ort gemacht zu haben? Spartacus dachte an das Kaninchen zurück, es hatte ihm Spaß gemacht, anfangs nicht, aber jedes Mal, wenn er daran zurückdachte, sandten die vor Angst geweiteten Augen ein Kribbeln durch seinen gesamten Körper. „Darf ich mich denn nicht freuen, dass ich beim Zweikampf nicht verreckt bin?“, stieß der Prinz aus und amüsiert zogen sich seine Mundwinkel auseinander. Nachdenklich geworden, verzog sich daraufhin die Miene des Jungen und er überlegte einen Augenblick lang schweigend. „Ein Sieg ist das höchste Gut eines jeden Kriegers. Neben der Ehre und so.“ Der Dunkle musterte das Gesicht des Hünen eine Weile lang erneut, ehe er zum sprechen ansetzte, „findest du nicht auch, dass Erleichterung erst eintritt, wenn das Rauschen abgeklungen ist? Im Siegestaumel vergisst man bestimmt so einiges.“
Er hatte noch nie getötet. Eine Tatsache, die ein Gefühl der bleiernen Schwere in seinem Inneren zurückließ. Bis jetzt wurde er immer gerettet, egal ob vor dem Berglöwen oder ganz dreist vor Vision. Natürlich seine Zeit würde kommen, blahblahblah. Aber… Spartacus furchte seine Augenbrauen zusammen und grummelte etwas Unverständliches. Mit eiserner Miene betrachtete er wieder seinen Cousin. Mist, sogar Atlas hatte sich schon früher beweisen können als er selbst. Die plötzlich eingetretene Enge in seiner Kehle wurde ihm nur zu bewusst und Spartacus sog die Luft tief in seine Lungen hinein. Sogar sein beschissener Cousin-
„Der Junge war Thronerbe-“, ein bitteres Auflachen drang aus seiner Kehle, „das hätte wirklich ich sein können.“ Nun erschien ihm die Tatsache, dass sich Atlas Zähne genauso gut um seine Kehle hätten schließen können, gar nicht mehr so weit hergeholt. „Wäre ich dein Ziel in der Schlacht gewesen und du hättest nur auf den perfekten Zeitpunkt gewartet. Dieser wäre sehr klug gewählt.“ Warum auch immer ihm diese Worte von seinen Lippen sprudelten, sie entlockten Spartacus nur ein müdes Schulterzucken. „Sei einfach froh, wenn du nicht sein nächstes Opfer bist“, witzelte der Junge, als sie auf ihren Leibheiler zu sprechen kamen. Dann zog ein Grinsen seine Lippen auseinander und das Bernstein funkelte nicht weniger amüsiert zurück, „wie überaus erfreulich.“
Interessiert musterte Atlas die Reaktion des jungen Soldaten und nahm sich dabei vor, den Knaben auch in Zukunft ein wenig im Auge zu behalten. "Es schadet nie, sich selbst und seine Gefühle zu hinterfragen. Was empfinde ich beim töten? Was empfinde ich wenn ich mich mit jemanden streite, habe ich das Verlangen meinen Standpunkt mit Gewalt zu verdeutlichen? All das sind Dinge, die einem selbst viel über sich selbst sagen.", erklärte Atlas mit ruhiger Stimme, ehe er mit den Schultern zuckte. "Aber auch das musst du für dich selbst wissen, manchmal ist es auch ganz nett, einfach nichts zu hinterfragen.", das tat er schließlich auch, wenn er keine Fragen bezüglich seiner Aufträge stellte. Die nächste Frage des Auszubildenden, ließ Atlas wieder nicken. "Klar, darfst du dich freuen. Es zeigt schließlich auch, dass man cleverer und stärker ist, oder einfach vom Glück geküsst war.", nicht jeder Sieg hatte etwas mit Können zu tun, manchmal war es ein Stolpern seines Gegners, das über Leben und Tod entscheiden konnte.
Kurz fragte sich Atlas, ob er jemals Erleichterung empfunden hatte. Es war eher ein anderes Gefühl gewesen, eines, welches der Hüne nicht beschreiben konnte. Es war die simple Überlegenheit die ihn berauscht hatte. Eine weitere Kerbe in dem Holz welches er imaginär mit sich mitschleppte. "Ich weiß was du meinst.", nickte der rostfarbene Bastard mit einem halben Lächeln.
Ein kehliges, dunkles Lachen rollte über die Lippen des Königssohns und er schüttelte seinen großen Kopf. "Ich hoffe, dass ich das nie werde. Sonst werde ich ihm wohl nochmal auf den Boden der Tatsachen zurückholen müssen...", grunzte der Soldat und rupfte wieder etwas von dem üppigen Gestrüpp ab um seinen Magen zu füllen. Spartacus war doch ein recht interessanter Knabe, das musste der dunkle Hengst zugeben. Er war formbar und in seinen Ansichten lenkbar - was für den ein oder anderen interessant sein könnte. Aber auch gefährlich. Ein Grund, weshalb er den Jungen im Auge behalten wollte.
Inzwischen war die Nacht hereingebrochen und die Temperaturen fielen rasch, lediglich der Boden strahlte noch die Restwärme des Tages ab.
Spartacus konnte spüren, dass Atlas in ihm nicht das Kind sah, sondern ihn auf einer gewissen Augenhöhe begegnete und ihm gegenübertrat, wie er es bei jedem anderen Soldaten auch getan hätte. Gnadenlos ehrlich und direkt. Nicht von oben herab und auch nicht mit diesem bemutternden Unterton. Das war das letzte was er wollte. Ein leises Schnauben verließ die dunklen Nüstern, ehe Spartacus nickte. Niemals hätte er gedacht, dass sich hinter dem großen Schädel Atlas´ jemand verbarg, dem er Gehör schenken würde. Und tatsächlich schaffte der Hüne es, den Dunkelfuchs mit dessen vollkommener Aufmerksamkeit bei sich zu halten. Er schrieb ihm nicht vor was er zu tun und zu lassen hatte oder nach welchen Regeln er handeln sollte, er ließ Spartacus die Freiheit sich selbst zu hinterfragen. Der Dunklere presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, als er tatsächlich begann über die Worte seines Gegenübers nachzudenken. Glück. Glück war etwas, was man für einen Augenblick besitzen konnte, wenn das eigene Können nicht ausreichend genug war. Spartacus hatte es selbst gesehen, damals bei dem Berglöwen. Seine Augenbrauen furchten sich zusammen. Pah, sie würden schon noch sehen, dass er einem solchen Tier gewachsen war und nicht nur als dessen Beute herhalten müsste.
Für Sekundenbruchteile zuckte die Überraschung über das Gesicht des Prinzen, ehe sie sich wieder hinter der ausdruckslosen Mimik verbarg. Er fühlte sich verstanden. Ein minimaler Funken von Genugtuung nistete sich in seinem Herzen ein. Ehe Spartacus diesen wieder verbannte, ehe sich auch nur der Anflug eines Lächelns auf seinen Mundwinkeln abzeichnen konnte.
Das Lachen seines Cousins wirkte auf den Prinzen immer noch so dermaßen surreal, sodass er nur verwirrt mit den Ohren zuckte, nicht einmal daran dachte seinem Cousin solche eine „Gefühlsexplosion“ zu zu trauen. Aber bekanntlich war es immer die unauffälligen die für Überraschungen gut waren. Mit einem letzten Seufzen beschloss der Licinius, dass er nun gehen würde. Von der anfänglichen Provokation seinerseits hatte sich ein doch recht tiefgründiges Gespräch entwickeln, dass ihm tatsächlich für einen Augenblick seine Wut hat vergessen lassen. Und noch ehe er hier weiter rumstehen würde, würde er jetzt verschwinden. Mit einem halben Grinsen quittierte er noch die Worte zu ihrem Leibheiler und wandte Atlas dann den Rücken zu. „Man sieht sich.“ Oder auch nicht, aber eine weitere Konfrontation, wie auch immer diese aussehen würde, würde sich wohl nicht vermeiden lassen. Familie war eben überall und nur noch halb so lästig.
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