04-03-2022, 10:19 PM
frühes Frühjar '82
Gebirge außerhalb Valerias
Gebirge außerhalb Valerias
Sie presste die Kiefer zusammen, versuchte, die Schmerzen unter einem verzerrten Lächeln zu verbergen.
"Ich danke dir."
Der raue Fels unter ihr war kühl, fühlte sich jedoch auf ihrer erhitzten Haut an wie Eis. Schweiß hatte das schwarze Fell noch dunkler gefärbt, dabei war die Luft an diesem frühen Morgen nicht sonderlich warm. Der Frühling schickte seine ersten Boten in das Land, sanfte Ahnungen von keimenden Saaten und feuchten Böden, die endlich begannen, auch in den untersten Schichten zu tauen. Verheißungsvolle Düfte, angestachelt von den ersten spürbar warmen Sonnenstrahlen.
All das war wunderbar, doch hatte Daphne in diesem Moment keinen Sinn für diese Feinheiten. Ihre Konzentration lag darauf, die Tränen zurückzuhalten, die sich brennend heiß in den Winkeln ihrer Augen sammeln wollten. Sie hatte es übertrieben.
Wieder einmal.
Und einzig und allein dem Weißen war es zu verdanken, dass sie noch unter den Lebenden weilte. Einem Fremden.
Wieder einmal.
Sie seufzte, schloss die Augen und zwang sich, dem Schmerz zum Trotz ihre Beine unter ihrem Körper zu sammeln. Noch immer gingen weder ihr Atem noch ihr Puls wirklich regelmäßig, doch konnte sie spüren, wie die Kräuter langsam ihre Wirkung entfalteten und eine Ruhe in ihr einkehrte, die nicht mehr mit dem Warten auf den Tod gleichzusetzen war.
Als sie ihre blauen Augen wieder öffnete, wandte sie ein wenig den Kopf zur Seite. Sie hatte nicht das Bedürfnis, ihre Wunden zu begutachten, wusste, wo jede Einzelne zu finden war, wenngleich im Grunde ihr gesamter Körper ein einziger Pol des Schmerzes zu sein schien. Ihr war die Torheit bewusst, mit welcher sie vorgegangen war, doch hatte Daphne keine andere Möglichkeit gesehen. Sie war dem Berglöwen nur mit Glück entkommen und hatte die Zeit nutzen müssen um möglichst großen Abstand zwischen sich und die Raubkatze zu bringen. Die Versorgung der Biss- und Kratzwunden hatte schlicht eine niedrigere Priorität eingenommen... bis einige sich offensichtlich entzündet und ihren Leib mit einem elenden Fieber so weit geschwächt hatten, dass sie zusammengebrochen war.
Hätte der Hengst sie nicht gefunden und ihre wunden versorgt... die Flucht wäre wohl umsonst gewesen.
"Wie lange war ich ohnmächtig?"