06-27-2024, 01:12 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-27-2024, 01:13 PM von Alina.)
Es gab viele Dinge, in denen ihre Schwester grundlegend enttäuscht hatte. Zumindest ihres Erachtens. Sie war der strahlende Stern ihrer Familie und dennoch schien sie sich nur zögerlich auf ihre neue Rolle einzulassen. Umso wohlwollender betrachtete Ceres den Fakt, dass Vesta nun so besonnen neben ihr herlief. Ihrem Schritt wohnte ein leichter Sprung inne, fast wie bei einem jungen Bub, der die Königsgarde von sich überzeugt hatte. Manchmal sah sie die vielversprechendsten Kandidaten an ihr vorbeilaufen, entweder zu Tode betrübt, oder unfassbar glücklich. An letzteres erinnerte sie gerade ihre Schwester. Als hätte sich etwas Wunderbares in ihrem Leben vollzogen, was alles verändern würde.
Gut, dachte sie bei sich. Wenn sie sich mit ihrem Schicksal anfreundete, dann würde sich der Drang legen, aus der Reihe zu tanzen. Was bedeutete, dass das letzte Bindeglied, welches zu funktionieren hatte, sie selbst war. Spätestens bei der Hochzeit ihrer Schwester sollte sie einen Mann an ihrer Seite haben. Möglichst bereits zur Verlobung. Ja, schon da sollten ihr gewisse Herren den Hof machen. Natürlich mit Rang und Namen. Eine Alternative gab es nicht.
Als sie an ihrer Familie vorbeischritt, schenkte sie Penthesilea ein kurzes Lächeln, doch sie blieb nicht stehen. Sie wollte hören, was Vesta zu sagen hatte, bevor die Einschätzung ihrer Großmutter das erlebte Ereignis in ein neues Licht rückten.
Etwas abseits stellten sie sich hin und ihre Schwester begann augenblicklich zu erzählen. Ceres Ohren waren gespitzt und ihre Augen leuchteten interessiert, als sie jedes Wort Vestas in sich aufsog. Er war also sanft. Ceres gab sich jede Mühe, keinen Zweifel auf ihrem Gesicht aufblitzen zu lassen. Zärtlichkeit war nicht unbedingt etwas, was sie von einem König erwartet hätte. Vor allem nicht von einem König, dessen Körper mit dieser Art von Narben geziert war. Eines seiner Augen fehlte. Zu einer solchen Verletzung kam es nicht durch Sanftmut. Andererseits hatte sie ihn vorhin mit dem Licinius Knaben und dem Kopf der Aegidius Familie lachen sehen. Jeder Krieger braucht eine Oase, zu der er zurückkehrte, und wer wäre schon besser geeignet als ihre Schwester? Freunde, Kinder und Mistressen boten nicht dasselbe wie eine Ehefrau.
"Ich glaube, ich werde ihn bald wieder sehen."
Ceres lächelte zufrieden. Oh ja, das würde sie.
"Es wirkt, als hättest du überzeugt, Schwester. Er scheint dich zu mögen." Prüfend sah sie in das Gesicht Vestas. "Und du ihn."
Der erfreute Zug um ihren Mund verschwand, als ihre Schwester auf Karthago zu sprechen kam. Überlegend sah sie über die Menge der tanzenden Leiber, herüber zu dem Dracas. Grausam. Tatsächlich wäre das das letzte Wort gewesen, mit welchem sie ihn beschrieben hätte. Ob es die gespenstischen, roten Augen waren oder die Narben, die seinen Körper zierten, die ihn mit diesem Ruf gestraft hatten? Ceres konnte es nicht beantworten, aber sein Charakter war es gewiss nicht. Von ihrem Gespräch schloss sie darauf, dass es sich bei Karthago um einen idealistischen, ein wenig arroganten und geheimniskrämerischen Mann handelte. Aber da war noch etwas. Sie wusste nicht, wie sie es nennen sollte. Sein Blick hatte auf eine ganz besondere Art auf ihr verharrt, seine Berührungen einen bestimmten Zweck verfolgt, aber sie konnte nicht ganz deuten, welchen.
"Er weiß die Schwachstellen seines Gegenübers mit Worten bloßzustellen, aber er ist gewiss kein grausamer Mann." Eher ein geschundener.
"Aber ich..."
Ich suche nach etwas anderem, war, was sie nicht aussprach. Karthago war das Unbekannte, teilte in keiner Weise ihre Ansichten und würde sie zum Straucheln bringen. Sie wollte keine Unruhe in ihrem Leben, wollte kein Chaos. Sie wollte die bekannten Bahnen und sie wollte einen Partner, der sie festigte, nicht zusammenbrechen ließ, um sie neu aufzubauen. Ebenso wollte sie mit jemanden auf derselben Wellenlänge diskutieren und niemandem die Gepflogenheiten des Adels beibringen.
"Ich kann ihn nicht leiden", entschied sie plump. Sie konnte sich wohl glücklich schätzen, dass nur ihre Schwester ihre Worte vernahm.
"In den Augen der feinen Gesellschaft wäre er gewiss ein guter Ehegatte, aber ich kann dir versichern, dass er nicht geeignet ist." Sie zögerte. "Allerdings nicht aufgrund seines harschen Charakters. Wäre ich an seiner Seite, würde er mich gut behandeln." Glaubte sie.
Es kam ihr falsch vor, den Dracas so aussehen zu lassen, als hätte er seinen Ruf bestätigt. Seine Worte waren gewiss in einigen Belangen fehlplatziert gewesen, aber vor ihrer Großmutter und der Gesellschaft hatte er sie sehr gut aussehen lassen. Begehrenswert. Und er hatte sie nicht blamiert. Das rechnete sie ihm hoch an.
"Wer hat behauptet, er sei grausam?"
Gut, dachte sie bei sich. Wenn sie sich mit ihrem Schicksal anfreundete, dann würde sich der Drang legen, aus der Reihe zu tanzen. Was bedeutete, dass das letzte Bindeglied, welches zu funktionieren hatte, sie selbst war. Spätestens bei der Hochzeit ihrer Schwester sollte sie einen Mann an ihrer Seite haben. Möglichst bereits zur Verlobung. Ja, schon da sollten ihr gewisse Herren den Hof machen. Natürlich mit Rang und Namen. Eine Alternative gab es nicht.
Als sie an ihrer Familie vorbeischritt, schenkte sie Penthesilea ein kurzes Lächeln, doch sie blieb nicht stehen. Sie wollte hören, was Vesta zu sagen hatte, bevor die Einschätzung ihrer Großmutter das erlebte Ereignis in ein neues Licht rückten.
Etwas abseits stellten sie sich hin und ihre Schwester begann augenblicklich zu erzählen. Ceres Ohren waren gespitzt und ihre Augen leuchteten interessiert, als sie jedes Wort Vestas in sich aufsog. Er war also sanft. Ceres gab sich jede Mühe, keinen Zweifel auf ihrem Gesicht aufblitzen zu lassen. Zärtlichkeit war nicht unbedingt etwas, was sie von einem König erwartet hätte. Vor allem nicht von einem König, dessen Körper mit dieser Art von Narben geziert war. Eines seiner Augen fehlte. Zu einer solchen Verletzung kam es nicht durch Sanftmut. Andererseits hatte sie ihn vorhin mit dem Licinius Knaben und dem Kopf der Aegidius Familie lachen sehen. Jeder Krieger braucht eine Oase, zu der er zurückkehrte, und wer wäre schon besser geeignet als ihre Schwester? Freunde, Kinder und Mistressen boten nicht dasselbe wie eine Ehefrau.
"Ich glaube, ich werde ihn bald wieder sehen."
Ceres lächelte zufrieden. Oh ja, das würde sie.
"Es wirkt, als hättest du überzeugt, Schwester. Er scheint dich zu mögen." Prüfend sah sie in das Gesicht Vestas. "Und du ihn."
Der erfreute Zug um ihren Mund verschwand, als ihre Schwester auf Karthago zu sprechen kam. Überlegend sah sie über die Menge der tanzenden Leiber, herüber zu dem Dracas. Grausam. Tatsächlich wäre das das letzte Wort gewesen, mit welchem sie ihn beschrieben hätte. Ob es die gespenstischen, roten Augen waren oder die Narben, die seinen Körper zierten, die ihn mit diesem Ruf gestraft hatten? Ceres konnte es nicht beantworten, aber sein Charakter war es gewiss nicht. Von ihrem Gespräch schloss sie darauf, dass es sich bei Karthago um einen idealistischen, ein wenig arroganten und geheimniskrämerischen Mann handelte. Aber da war noch etwas. Sie wusste nicht, wie sie es nennen sollte. Sein Blick hatte auf eine ganz besondere Art auf ihr verharrt, seine Berührungen einen bestimmten Zweck verfolgt, aber sie konnte nicht ganz deuten, welchen.
"Er weiß die Schwachstellen seines Gegenübers mit Worten bloßzustellen, aber er ist gewiss kein grausamer Mann." Eher ein geschundener.
"Aber ich..."
Ich suche nach etwas anderem, war, was sie nicht aussprach. Karthago war das Unbekannte, teilte in keiner Weise ihre Ansichten und würde sie zum Straucheln bringen. Sie wollte keine Unruhe in ihrem Leben, wollte kein Chaos. Sie wollte die bekannten Bahnen und sie wollte einen Partner, der sie festigte, nicht zusammenbrechen ließ, um sie neu aufzubauen. Ebenso wollte sie mit jemanden auf derselben Wellenlänge diskutieren und niemandem die Gepflogenheiten des Adels beibringen.
"Ich kann ihn nicht leiden", entschied sie plump. Sie konnte sich wohl glücklich schätzen, dass nur ihre Schwester ihre Worte vernahm.
"In den Augen der feinen Gesellschaft wäre er gewiss ein guter Ehegatte, aber ich kann dir versichern, dass er nicht geeignet ist." Sie zögerte. "Allerdings nicht aufgrund seines harschen Charakters. Wäre ich an seiner Seite, würde er mich gut behandeln." Glaubte sie.
Es kam ihr falsch vor, den Dracas so aussehen zu lassen, als hätte er seinen Ruf bestätigt. Seine Worte waren gewiss in einigen Belangen fehlplatziert gewesen, aber vor ihrer Großmutter und der Gesellschaft hatte er sie sehr gut aussehen lassen. Begehrenswert. Und er hatte sie nicht blamiert. Das rechnete sie ihm hoch an.
"Wer hat behauptet, er sei grausam?"