06-21-2024, 10:36 PM
"Keine Sorge, Ihr wärt ohnehin nicht meine erste Wahl." Oh? Ein Schmunzeln hüllte seine Überraschung in einen Ausdruck, den man leicht überlesen konnte. "Und dennoch eine Wahl." Ob sie es leugnen würde? Es war gleich. Denn wie ihr, ging es auch ihm. Er konnte um sich schlagen und toben wie er wollte, am Ende würde selbst ein Karthago den Befehlen seines Vaters erliegen. Wenn Dracerion es wirklich darauf anlegen sollte, würde sein Sohn sich beugen oder eine Rebellion heraufbeschwören müssen. Der Gedanke an letzterem missfiel ihm nicht. Leider widersprach die Natur einer Rebellion allerdings allein schon per Definition dem, was der Rappe sich für das allgemein Volk, sogar für diesen Haufen übergeschnappter Adeliger und ihren Luftschlössern wünschte: Frieden und Sicherheit. Man sollte von ihm behaupten was man wollte, es war ihm gleich. Läge ihm aber nichts an der Welt und der Gesunderhaltung ihrer, wäre er dieser gesamten Bagage gar nicht erst über die Seeenge gefolgt. Er hätte sie ziehen lassen und wäre in seinem eigenen Feuer verendet - so, wie er es sich selbst viel zu oft einstweilen wünschte.
Eine traurige Erkenntnis. All sein Kampf und Gebaren und es führte ihn nirgendwo. Nie weiter als an die Grenzen. Wie überaus passend, dass er selbst der Gebieter dieser war. Der Sarkasmus des Himmels.
"Meine Familie scheint sich mit dem Festhalten an alten Traditionen recht gut zu schlagen." Er mochte es. Dieser Ton, der sich langsam spitz in Worte züngelte, in die sie so viel Stärke zu setzen glaubte. Zu schade, dass ihre Worte selbst ihm nicht zu Gefallen reichten. "Und wie schlagt ihr euch, Ceres?"
Nun gut. Man musste auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Keiner von ihnen schlug sich sonderlich schlecht. Sie hätten es beide noch deutlich bedauerlicher treffen können.
"Haltet Ihr alle Ideen, die Eurem Kopf entspringen, für überlegen? Oder seid ihr einfach nur arrogant?" Oh, besser. Herausfordernder, deutlich wackerer als erwartet. Und vor allem: wider alle Erwartungen, die ihre gute Erziehung an sie richtete. War es ihr selbst bewusst? Vielleicht würde er sie weiter in ihrem Glauben lassen. "Womöglich beides." Wieder das lasche Grinsen. So eilig hätte ein außenstehender Betrachter es für eine Nettigkeit, eine Avance oder charmante Geste halten können, die der ledige Dracas der ledigen Acillius schenkte. Fakt war jedoch, dass sie mit genau dieser Aufmüpfigkeit, dem Versuch ihre Familie vor seinen missgünstigen Worten zu verteidigen, genau das Gegenteil bewirkte. "Eure Familie schert sich nicht um eure loyalen Worte, sondern den Status eurer nicht existenten Ehe und der Gebärfreudigkeit eures Beckens." Und beinahe hatte er Mitleid mit ihr. Sie scherte sich so sehr darum, jemandem zu gefallen, für den sie wohl mit jedem anderen Kind, das sich besser an die Regeln des Hauses hielt, austauschbar war.
Sie selbst war wohl nicht mehr als eine leere Hülle, verstand nicht, dass sie all ihr Selbst in die Hände anderer gelegt hatte und diesen Pfand niemals für sich selbst einlösen können würde.
Wieder wandten die Körper sich in eleganten Drehungen, hier ein graziler Schritt, dort ein galantes Fortschreiten. Ein schönes Bild, wie sich die Adelskinder so synchron bewegten und in einem Tanz wogen, über dessen Rhythmus sie absolut keine Kontrolle hielten.
Letztlich kamen die Körper doch zum stehen, die kurze Pause zwischen dem Auftakt und dem Hauptteil in Ruhe verweilend. "Mir persönlich gefällt diese Aufmüpfigkeit an euch deutlich besser. Euer eigener Charakter steht euch." Die nächste Verneigung, sein Haupt so nah an dem der Füchsin, ihr Langhaar das Licht in rote Wellen legend. "Diese leere Hülle, die ihr präsentiert..." Ein, zwei Schritte von einander entfernt. Im nächsten Takt wieder die Nähe des anderen erforschend. "...beraubt euch jeglichen Wertes. Was habt ihr dem Reich schon großes zu präsentieren außer besagtem Schoß? So ein vergeudetes Potenzial." Sie alle sollten zur Hölle fahren. Er gab nichts auf ihr Urteil; auf seine Verurteilung durch sie. Sie alle waren ein Haufen untätiger Ameisen, die nur darauf warteten, dass irgendwann der Himmel über sie hereinbrach. Und wenn alle Hölle sich wieder öffnete und sie hinabriss, wer von ihnen wäre dann noch bereit für sie zu kämpfen? Die meisten von ihnen sprachen nun ach so heilig von Werten und Moral und wären doch die ersten, die Flucht zu ergreifen und alles hinter sich zu lassen. Er würde ihnen nicht verzeihen. Er wollte ihnen nicht verzeihen.
Der letzte Tanz und dann kamen sie zum Halt. Die letzte Verbeugung und die Menge begann sich aufzulösen. Einige von ihnen verweilten, blickten ihrer neu geglaubten Liebe in die Augen. So bitterlich schön, dass es ihm die Übelkeit die Kehle hinauftrieb. Pure Heuchelei. Und sich dieser Heuchelei hingebend, verweilte auch er noch bei der jungen Ceres. Vielleicht war es tatsächlich ihre unerwartete Aufmüpfigkeit, die ihn noch hier hielt und nicht längst schon zum Gehen bewegt hatte. Vielleicht interessierte ihn tatsächlich, ob sich nicht doch mehr als nur ein kleiner Glimmer hinter den hübschen Augen befand - oder sie doch nicht mehr als eine ausgestopfte Puppe war.
"Als Dank für den Bruchteil an Wahrheit, den ihr mir eben vor die Füße gespuckt habt, will auch ich euch etwas Wahrheit zurückgeben. Glaubt ihr, ich bin wahrlich ein Drache, Ceres? Natürlich nicht. Alle Welt weiß, dass die Sagen und Legenden der Dracas Familie und ihrer Herkunft des Drachenbluts nicht mehr sind als alte Märchen. Und trotzdem nennen sie mich den Drachen. Trotzdem werde ich ehrfürchtig erblickt, mit Vorsicht genossen, von den meisten geduldet wohl nur aufgrund ihrer Furcht und dem bisschen Respekt, das sie meinem Können und dem großen Namen entgegenbringen. Es ist egal, was mein tatsächlicher Ursprung ist. Indessen bin ich der Drache Valerias."
Die letzten Worte hatte er beinahe angewidert ausgespuckt. "Und ihr seid nicht mehr als die Enkelin der Gaia Acillius. Und damit ihr in eurem hübschen Köpfchen nicht wieder die Dinge verdreht: das war keine Beleidigung." Als läge Dringlichkeit in der Intention ihr jene Wahrheit näher zu bringen, war seine Stimme in jenem Moment ruhiger, betonender. In einer anderen, besseren Welt hätten sie wohl gut zusammen gepasst. Zur Hölle, vielleicht taten sie das auch jetzt. Die Umstände aber würden nicht zulassen, dass eine Acillius, der der Ruf der Welt zu viel bedeutete, und ein Dracas, der nichts mehr auf all das gab, zueinander finden sollten. Nein. Dafür hatte ihresgleichen zu viel in ihm ausgelöst.
Endlich richtete er sich gänzlich auf, der Blick noch immer auf sie herab gesenkt und begutachtete ihr Gesicht eindringlich. Einen Augenblick musste er an Artemis denken. "Deutlich hübscher, ohne diese langweilige Maske." Und irgendwo in der Menge ächzte Aarin Miles schmerzverzerrt auf. Wenigstens diesen Triumph würde er Ceres lassen.
Eine traurige Erkenntnis. All sein Kampf und Gebaren und es führte ihn nirgendwo. Nie weiter als an die Grenzen. Wie überaus passend, dass er selbst der Gebieter dieser war. Der Sarkasmus des Himmels.
"Meine Familie scheint sich mit dem Festhalten an alten Traditionen recht gut zu schlagen." Er mochte es. Dieser Ton, der sich langsam spitz in Worte züngelte, in die sie so viel Stärke zu setzen glaubte. Zu schade, dass ihre Worte selbst ihm nicht zu Gefallen reichten. "Und wie schlagt ihr euch, Ceres?"
Nun gut. Man musste auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Keiner von ihnen schlug sich sonderlich schlecht. Sie hätten es beide noch deutlich bedauerlicher treffen können.
"Haltet Ihr alle Ideen, die Eurem Kopf entspringen, für überlegen? Oder seid ihr einfach nur arrogant?" Oh, besser. Herausfordernder, deutlich wackerer als erwartet. Und vor allem: wider alle Erwartungen, die ihre gute Erziehung an sie richtete. War es ihr selbst bewusst? Vielleicht würde er sie weiter in ihrem Glauben lassen. "Womöglich beides." Wieder das lasche Grinsen. So eilig hätte ein außenstehender Betrachter es für eine Nettigkeit, eine Avance oder charmante Geste halten können, die der ledige Dracas der ledigen Acillius schenkte. Fakt war jedoch, dass sie mit genau dieser Aufmüpfigkeit, dem Versuch ihre Familie vor seinen missgünstigen Worten zu verteidigen, genau das Gegenteil bewirkte. "Eure Familie schert sich nicht um eure loyalen Worte, sondern den Status eurer nicht existenten Ehe und der Gebärfreudigkeit eures Beckens." Und beinahe hatte er Mitleid mit ihr. Sie scherte sich so sehr darum, jemandem zu gefallen, für den sie wohl mit jedem anderen Kind, das sich besser an die Regeln des Hauses hielt, austauschbar war.
Sie selbst war wohl nicht mehr als eine leere Hülle, verstand nicht, dass sie all ihr Selbst in die Hände anderer gelegt hatte und diesen Pfand niemals für sich selbst einlösen können würde.
Wieder wandten die Körper sich in eleganten Drehungen, hier ein graziler Schritt, dort ein galantes Fortschreiten. Ein schönes Bild, wie sich die Adelskinder so synchron bewegten und in einem Tanz wogen, über dessen Rhythmus sie absolut keine Kontrolle hielten.
Letztlich kamen die Körper doch zum stehen, die kurze Pause zwischen dem Auftakt und dem Hauptteil in Ruhe verweilend. "Mir persönlich gefällt diese Aufmüpfigkeit an euch deutlich besser. Euer eigener Charakter steht euch." Die nächste Verneigung, sein Haupt so nah an dem der Füchsin, ihr Langhaar das Licht in rote Wellen legend. "Diese leere Hülle, die ihr präsentiert..." Ein, zwei Schritte von einander entfernt. Im nächsten Takt wieder die Nähe des anderen erforschend. "...beraubt euch jeglichen Wertes. Was habt ihr dem Reich schon großes zu präsentieren außer besagtem Schoß? So ein vergeudetes Potenzial." Sie alle sollten zur Hölle fahren. Er gab nichts auf ihr Urteil; auf seine Verurteilung durch sie. Sie alle waren ein Haufen untätiger Ameisen, die nur darauf warteten, dass irgendwann der Himmel über sie hereinbrach. Und wenn alle Hölle sich wieder öffnete und sie hinabriss, wer von ihnen wäre dann noch bereit für sie zu kämpfen? Die meisten von ihnen sprachen nun ach so heilig von Werten und Moral und wären doch die ersten, die Flucht zu ergreifen und alles hinter sich zu lassen. Er würde ihnen nicht verzeihen. Er wollte ihnen nicht verzeihen.
Der letzte Tanz und dann kamen sie zum Halt. Die letzte Verbeugung und die Menge begann sich aufzulösen. Einige von ihnen verweilten, blickten ihrer neu geglaubten Liebe in die Augen. So bitterlich schön, dass es ihm die Übelkeit die Kehle hinauftrieb. Pure Heuchelei. Und sich dieser Heuchelei hingebend, verweilte auch er noch bei der jungen Ceres. Vielleicht war es tatsächlich ihre unerwartete Aufmüpfigkeit, die ihn noch hier hielt und nicht längst schon zum Gehen bewegt hatte. Vielleicht interessierte ihn tatsächlich, ob sich nicht doch mehr als nur ein kleiner Glimmer hinter den hübschen Augen befand - oder sie doch nicht mehr als eine ausgestopfte Puppe war.
"Als Dank für den Bruchteil an Wahrheit, den ihr mir eben vor die Füße gespuckt habt, will auch ich euch etwas Wahrheit zurückgeben. Glaubt ihr, ich bin wahrlich ein Drache, Ceres? Natürlich nicht. Alle Welt weiß, dass die Sagen und Legenden der Dracas Familie und ihrer Herkunft des Drachenbluts nicht mehr sind als alte Märchen. Und trotzdem nennen sie mich den Drachen. Trotzdem werde ich ehrfürchtig erblickt, mit Vorsicht genossen, von den meisten geduldet wohl nur aufgrund ihrer Furcht und dem bisschen Respekt, das sie meinem Können und dem großen Namen entgegenbringen. Es ist egal, was mein tatsächlicher Ursprung ist. Indessen bin ich der Drache Valerias."
Die letzten Worte hatte er beinahe angewidert ausgespuckt. "Und ihr seid nicht mehr als die Enkelin der Gaia Acillius. Und damit ihr in eurem hübschen Köpfchen nicht wieder die Dinge verdreht: das war keine Beleidigung." Als läge Dringlichkeit in der Intention ihr jene Wahrheit näher zu bringen, war seine Stimme in jenem Moment ruhiger, betonender. In einer anderen, besseren Welt hätten sie wohl gut zusammen gepasst. Zur Hölle, vielleicht taten sie das auch jetzt. Die Umstände aber würden nicht zulassen, dass eine Acillius, der der Ruf der Welt zu viel bedeutete, und ein Dracas, der nichts mehr auf all das gab, zueinander finden sollten. Nein. Dafür hatte ihresgleichen zu viel in ihm ausgelöst.
Endlich richtete er sich gänzlich auf, der Blick noch immer auf sie herab gesenkt und begutachtete ihr Gesicht eindringlich. Einen Augenblick musste er an Artemis denken. "Deutlich hübscher, ohne diese langweilige Maske." Und irgendwo in der Menge ächzte Aarin Miles schmerzverzerrt auf. Wenigstens diesen Triumph würde er Ceres lassen.